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Thilo Sarrazin und Michael Müller

© dpa

Landesparteitag in Berlin: SPD-Chef Müller bestätigt - Sarrazin in der Kritik

Auf dem Landesparteitag der Berliner SPD ist Finanzsenator Thilo Sarrazin am Samstag heftig attackiert worden. In der Debatte um Sarrazins umstrittene Äußerungen zum Thema Mindestlohn erhielt der Senator allerdings prominenten Beistand vom Bundes-SPD-Chef Kurt Beck.

Angesichts der Krise seiner Partei auf Bundesebene und der schlechten eigenen Umfragewerte demonstrierte der SPD-Chef Führungswillen: "Ich werde nicht hinter den Baum gehen, weil es da bequemer ist, ich werde stehen", sagte Beck. "Miteinander ist viel schöner als gegeneinander." Die Parteispitze habe begriffen, dass "wir zusammenzuarbeiten haben". Parteiinterne, aber anonyme Kritik an der SPD-Führung interessiere ihn nicht. Anonyme parteiinterne Kritiker ermahnte Beck zu einer offenen Auseinandersetzung. Wer kritisiere, ohne selber dafür einzustehen, sei "unsolidarisch und feige".

Beck nahm zudem Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin in Schutz. Wenn einer einen Fehler mache, müsse es auch wieder gut sein. Trotz allen Ärgers könnten sich die Sozialdemokraten glücklich schätzen, so hervorragende Finanzpolitiker in ihren Reihen zu haben. Beck und der von den Delegierten mit großer Mehrheit im Amt bestätigte Landesvorsitzende Michael Müller forderten zudem einen neuen Anlauf zum Verbot der NPD.

Zum Beginn des Parteitags hatte Müller den Finanzsenator wegen dessen Äußerungen zum Mindestlohn indirekt angegriffen. "Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn jemand für fünf Euro die Stunde arbeiten gehen will, wenn er es sich leisten kann", sagte Müller. Hier gehe es aber nicht um die Meinung eines Einzelnen, sondern um eine Grundsatzposition der SPD.

Mit knapper Mehrheit beschloss der Parteitag die Beibehaltung des derzeit geltenden Proporzmodells für die Bezirksämter. Diese Regelung sieht die Beteiligung aller Parteien entsprechend ihrer Stärke in den Bezirksverordnetenversammlungen vor. Die Delegierten sahen eine neue Beschlussfassung für notwendig an, da die gegenwärtige Regelung im Januar 2010 automatisch ausläuft. Damit die Regelung in Kraft tritt, muss nach Worten von SPD-Sprecher Hannes Hönemann das Abgeordnetenhaus mit einfacher Mehrheit zustimmen.

"Unter menschenwürdigen Bedingungen leben können"

"Ich akzeptiere nicht mehr, dass Grundsatzpositionen der SPD über die Medien ständig in Frage gestellt werden", sagte Müller. Er wolle auch nicht mehr hören, dass man von 1,70 Euro am Tag und ein paar Tomaten leben könne. "Wir kämpfen dafür, dass Menschen mit ihrer Arbeit ihre Familien ernähren und unter menschenwürdigen Bedingungen leben können", betonte der Berliner SPD-Chef. Es sei eine Schande, dass noch nicht überall in Deutschland möglich sei, was in europäischen Nachbarstaaten seit Jahren und Jahrzehnten selbstverständlich sei.

Die SPD setzt sich für die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns von 7,50 Euro die Stunde ein. Sarrazin hatte diese Woche mit seiner Äußerung, er selbst würde für fünf Euro pro Stunde arbeiten, heftige Proteste sowie Rücktrittsforderungen der Linken, der Opposition und aus den eigenen Reihen provoziert.

Auf dem Parteitag kritisierten auch einige Delegierte Sarrazin scharf. Dies sei nicht das erste Mal gewesen, dass der Finanzsenator einen Sonderweg beschreite und damit der Partei schade, hieß es. Mit einer Entschuldigung und einem "reuevollen Interview" sei es nicht getan. Damit spielte ein Delegierter auf ein Interview an, dass Sarrazin dem Tagesspiegel gegeben hatte.

Beck: NPD mehr bekämpfen

Müller erinnerte auch daran, dass die SPD vor 75 Jahren am 22. Juni 1933 durch die Nationalsozialisten verboten worden sei. SPD-Politiker seien verfolgt, verhaftet und getötet worden. "Ich unterstütze die Forderung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und von Innensenator Ehrhart Körting nach einem neuen NPD-Verbotsantrag", sagte Müller.

Auch Beck forderte einen neuen Anlauf zum Verbot der rechtsextremen Partei. Es sei ein Skandal, wenn "Braune" durch das Brandenburger Tor laufen könnten. Die Rechtsextremisten müssten zwar durch weit mehr als ein Parteiverbot bekämpft werden. Aber der Partei mit Steuergeldern die Basis zu bereiten, um die Freiheit zu bekämpfen, müsse ein Ende haben, unterstrich Beck. (rope/ddp/dpa)

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