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Foto: dpa / Gabbert; Montage: Repro

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Reformsache Berlin: Soziale Träger: Vertrauen ist gut, Kontrolle unerlässlich

Eine Milliarde Euro fließen aus Berlins Haushalt jährlich in die Kassen sozialer Träger. Das Beispiel Treberhilfe zeigt: auf Treu und Glauben funktioniert es nicht.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein Maserati brachte es an den Tag: Es gibt Sozialeinrichtungen in Berlin, die der öffentlichen Kontrolle entglitten sind. Vielleicht sind es nur, wie die Treberhilfe, wenige schwarze Schafe. Aber wer weiß das schon, angesichts 900 freier und gemeinnütziger Träger, die im Auftrag des Landes Berlin soziale Dienstleistungen verrichten. Sie bekommen dafür aus den Haushalten der zwölf Bezirke jährlich eine Milliarde Euro. Unter anderem für Hilfen zur Pflege, für die Eingliederung von Behinderten oder die Betreuung von Obdachlosen.

„Wir müssen uns als Auftraggeber stärker vergewissern, was die öffentliche Hand für ihr Geld kriegt“, fordert Finanzsenator Ulrich Nußbaum. „Sind die vom Staat gezahlten Entgelte angemessen? Zahlen wir zu viel, zahlen wir zu wenig?“ Er will „sozial orientiertes Unternehmertum mit Kostentransparenz“. Welche Tarifverträge gibt es für die Mitarbeiter in den Sozialeinrichtungen? Mit wie viel Personal werden die Leistungen erbracht, wie ist die Altersstruktur, werden Aushilfen oder Zivildienstleistende beschäftigt? Welche Mieten werden gezahlt, wie groß sind die Büroräume? „Dürfen Zuwendungsempfänger des Landes Berlin beispielsweise am Potsdamer Platz residieren?“ fragt Nußbaum. Und – Harald Ehlert von der Treberhilfe lässt grüßen – was verdienen die Geschäftsführer der Einrichtungen? All das blieb bisher weitgehend ungeprüft.

Der Finanzsenator fordert außerdem einheitliche Standards, die vertraglich festgelegt werden. Das würde die Kostenkontrolle erheblich erleichtern, weil es die Leistungen der sozialen Helfer vergleichbar macht. „Wir müssen zunächst exakt festlegen, welche Leistungen benötigt werden, etwa in der Altenhilfe“, sagt Nußbaum. Die festgelegten Standards müssten messbar sein. „Im zweiten Schritt müssen wir festlegen, mit welchem Aufwand diese Leistungen erbracht werden dürfen.“ Es könne nicht sein, dass soziale Einrichtungen die Kosten vorgeben „und sagen, so und so viel Geld muss ich haben, sonst schaffe ich das nicht.“ Das sei kein modernes Wirtschaften, kritisiert Nußbaum. Senat und Bezirke müssten nicht nur vorschreiben, was eine bestimmte Leistung kosten solle, sondern auch festlegen, welche Überschüsse ein sozialer Dienstleister erwirtschaften darf, fordert er.

Nußbaum bietet an, das Problem partnerschaftlich zu lösen. Das gelte auch für die Wohlfahrtsverbände. „Kooperation ja“, sagt er. „Aber nicht auf Augenhöhe.“ Der staatliche Auftraggeber und Zahlmeister müsse das letzte Wort haben. Dazu gehöre auch, die Leistungen nach bestimmten Fristen zu überprüfen und eventuell neu auszuschreiben. „Auch Sozialunternehmen müssen sich mit dem Markt konfrontieren lassen.“ Die Bezirke will er ebenfalls nicht aus der Verantwortung entlassen. Die seien zuständig für die optimale Verwendung der Gelder. „Sie brauchen aber positive Anreize, um ein Eigeninteresse dafür zu entwickeln.“ Von eingesparten Mitteln sollten sie einen Teil behalten dürfen, „beispielsweise, um damit eine Jugendeinrichtung zu finanzieren“.

Bisher sind die zuständigen Behörden, das ist mittlerweile bekannt, mit dem Finanz-Controlling oft überfordert. Einrichtungen, die sich selbst nichts vorzuwerfen haben, sagen hinter vorgehaltener Hand, dass sich bei ihnen seit Jahren kein Behördenvertreter hat blicken lassen. Auch dem Abgeordnetenhaus ist es nie gelungen, den Dschungel der Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen zu durchforsten und notfalls zu lichten. Als der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker (CDU) 1981 den Parteifreund Ulf Fink zum Sozialsenator machte, setzte der beharrlich das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ durch. Der Staat sollte nicht alles selber machen, sondern nur gewährleisten, dass soziale Hilfen gut und effektiver erledigt werden.

Funktioniert nicht mehr. Das System, das niemand mehr abschaffen will, muss zweifellos neu geordnet werden.

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