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Schmitt-Nachfolge: Den Haien in der Berliner CDU voranschwimmen

Die Hauptstadt-Union sucht einen neuen Parteichef, doch es drängt sich niemand auf. Das hat gute Gründe. Ein möglicher Kandidat hält sich derweil noch bedeckt - er gilt als "sehr tricky".

Von Sabine Beikler

In der Berliner CDU ist zurzeit die Rede vom „Neuanfang“ und einer „Gemeinschaftsaufgabe“, so schnell wie möglich einen Weg aus der Führungskrise zu finden. Nach dem Rücktritt von Landeschef Ingo Schmitt am Mittwoch beschloss einen Tag später der Landesvorstand, den Ex-Landesvorsitzenden Joachim Zeller als Parteichef auf Zeit einzusetzen. Der 56-jährige Stadtrat in Mitte hat wie berichtet keine Ambitionen, erneut Landeschef zu werden. So geht die Kandidatensuche weiter. Sie ist schwierig, denn die Runde der potenziellen Kandidaten ist überschaubar. Im Gespräch sind weiter die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters und Fraktionschef Frank Henkel. Und beide sind nicht begeistert, dieses Ehrenamt zu übernehmen.

Kulturpolitikerin Grütters wurde von der parteiinternen Findungskommission gebeten, den Vorsitz zu übernehmen. Die 46-Jährige aber wiederholt seit Tagen ihre Position: „Ich strebe den Vorsitz nicht an. Aber ich verweigere mich einer Neuausrichtung der Partei nicht“, sagt sie. Übersetzt heißt das: Sie will nicht Landeschefin werden, könnte sich jedoch mit der Position einer Vize-Landeschefin durchaus anfreunden.

"Deutlich artikulierte Vorbehalte" gegen Monika Grütters

Grütters beklagt die „Kultur des Umgangs“ in ihrer Partei und fordert strukturelle Veränderungen wie eine bessere Einbeziehung der Basis in Entscheidungsprozessen. Aber die „Kultur des Umgangs“ betrifft auch Grütters selbst. Es gibt „deutlich artikulierte Vorbehalte“ gegen sie, heißt es in der Partei. Demnach haben die starken Kreischefs Frank Steffel (Reinickendorf), Ingo Schmitt (Charlottenburg-Wilmersdorf) und Michael Braun (Steglitz-Zehlendorf) solche Einwände durchklingen lassen. Offiziell heißt es freilich, man werde Grütters unterstützen.

Die Politikerin aber kennt das Haifischbecken, in dem sie schwimmen müsste, ließe sie sich auf eine Kandidatur ein. Denn die Machtspielchen laufen unverändert weiter: Am 22. November nominiert die Union ihre Kandidaten für die Bundestags- und Europawahl. Der Kampf um aussichtsreiche Plätze ist in vollem Gange. Neben Steffel und Schmitt möchte auch Grütters, die 2005 Berliner CDU-Spitzenkandidatin war, wieder in den Bundestag ziehen – und einen aussichtsreichen Listenplatz erhalten.
 
Das machtvolle Steglitz-Zehlendorf

Einer, der wohl gern Parteichef werden würde, hat seinen Hut offiziell noch nicht in den Ring geworfen: Michael Braun, Abgeordneter und Chef des mit 2400 Mitgliedern stärksten Berliner Kreisverbands Steglitz-Zehlendorf. „Ich stelle mich der Verantwortung in einer guten Gesamtaufstellung – an welcher Stelle auch immer“, sagt Braun zu seinen Ambitionen – mehr nicht. Ein Führungsduo Braun und Henkel als Fraktionschef aber wäre nicht reibungslos. Braun gilt parteiintern als nicht sehr verlässlich und loyal. „Er ist sehr tricky“, sagt ein Spitzenmann. Und an so einer gewagten Konstellation dürfte Frank Henkel, der nach der Abwahl von Friedbert Pflüger erst seit ein paar Wochen im Amt ist, kein Interesse haben. Henkels Wunschkandidatin heißt Grütters. Denn er selbst strebt den Parteivorsitz nicht an.

Guter Rat ist jetzt teuer. Viele hoffen, dass sich Monika Grütters doch noch für eine Kandidatur entscheidet. Bis zur Aufstellung der Listen am 22. November soll die Führungsfrage geklärt sein. Ein ehrgeiziges Ziel in dieser krisengeschüttelten Berliner CDU.

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