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Schulen: Zöllner zieht neue Arbeitszeitregelung für Lehrer zurück

An der geplanten Stundenerhöhung für die Berliner Lehrer gibt es massive Kritik. Die Opposition und die Gewerkschaft fordern neue Stellen.

Die harsche Kritik an einer zeitweisen Arbeitszeiterhöhung für Lehrer hat Wirkung gezeigt: Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) zog den entsprechenden Entwurf einer Rechtsverordnung gestern zurück, „um jegliche Missverständnisse zu vermeiden“, wie er zur Begründung mitteilte. Die notwendige Flexibilisierung müsse in einem Gesamtpaket zur Regelung der Lehrerarbeitszeiten mit den Beteiligten beraten werden.

Wie gestern in einem Teil der Auflage berichtet, wollte Zöllner den Schulleitern die Möglichkeit geben, ihre Lehrer vorübergehend bis zu zwei Stunden pro Woche zusätzlich unterrichten zu lassen. Diese überzähligen Stunden sollten innerhalb von vier Jahren „zurückgegeben“ werden. Der Senator begründete sein Vorhaben mit dem Ziel, „den staatlichen Unterrichtsauftrag ausreichend zu gewährleisten“ und auf „strukturellen Lehrerbedarf“ reagieren zu können. Grundlage für den Entwurf sei ein Vorschlag der von ihm eingesetzten Arbeitsgruppe zur Lehrkräfteorganisation gewesen.

Bei der Opposition und den Gewerkschaften löste Zöllners Vorhaben große Empörung aus. Bevor am Nachmittag sein Rückzieher bekannt wurde, gab es geharnischte Reaktionen. Der Verband Bildung und Erziehung sprach von einem „Fiasko der Berliner Schulpolitik“. Es sei „schon fast lächerlich“, dass auf der einen Seite in Studien und Kommissionen über die notwendige Entlastung von Lehrkräften debattiert werde und gleichzeitig die Belastung „noch weiter nach oben geschraubt“ werde, kritisierte der Verbandsvorsitzende Helge Dietrich.

Als „Unverschämtheit“ wertete Rosemarie Seggelke von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft das Senatsvorhaben. Die Lehrkräfte arbeiteten schon jetzt „am Limit“. Zöllner solle junge Lehrer einstellen anstatt die vorhandenen „weiter auszuknautschen“. Die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats Marion Leibnitz nannte es „grotesk“, dass Zöllner einerseits eine Arbeitsgruppe zur Thematik der Langzeitkranken einsetze und andererseits die „offenkundigste Ursache – die überhöhte Belastung – weiter forciert“. Der Bericht der Arbeitsgruppe werde im übrigen seit Februar „vom Bürokratiehindernis Nummer eins, dem Senator, unter Verschluss gehalten“.

Sascha Steuer, der bildungspolitische Sprecher der CDU, fragte gestern, warum Berlin sich nicht an den „intelligenten neuen Arbeitszeitmodellen“ aus Ländern wie Hamburg oder Nordrhein-Westfalen“ orientiere. Es sei „ein Hohn, wenn der Senat nach sechs Jahren andauernder Neukonzeption der Lehrerausstattung der Schulen als Ergebnis eine Mehrarbeit für die Lehrkräfte ankündigt, um Unterrichtsausfall zu vermindern“. Mieke Senftleben von der FDP bezeichnete Zöllners Vorgehen als „Notbremse“, da sich abzeichne, dass die Lehrer im kommenden Schuljahr wieder nicht ausreichten. Özcan Mutlu (Bündnisgrüne) warf dem Senator vor, dass die Schulen sechs Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres noch immer keine Planungssicherheit hätten. Irritiert von Zöllners Vorhaben zeigte sich aber auch Steffen Zillich (Linkspartei). Er habe von der geplanten Rechtsverordnung keine Kenntnis gehabt, sagte der Bildungspolitiker.

Zöllners Hinweis, dass die Lehrer die zusätzlich gearbeiteten Stunden ja innerhalb von vier Jahren zurückbekommen sollten, war gestern überhaupt nicht geeignet, die Wogen zu glätten. Dies liegt an den einschlägigen Erfahrungen der Berliner Lehrer: Sie hatten sich vor einigen Jahren bereiterklärt, vorübergehend mehr zu arbeiten. Die zusätzlichen Stunden sollten auf „Arbeitszeitkonten“ gut geschrieben werden. Doch es kam anders: Der Senat hob die Arbeitszeit generell an und die „Konten“ verfielen.

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