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Steuern: Pendler-Urteil kostet Berlin 70 Millionen Euro

Fast eine Million Berliner und Brandenburger hoffen auf Rückzahlungen. Finanzsenator Thilo Sarrazin verspricht die zügige Neuberechnung der Steuerbescheide.

Auf die Berliner Finanzämter kommt viel Arbeit zu: Rund eine Million Steuerpflichtige könnten von dem Karlsruher Urteil zur Pendlerpauschale betroffen sein, schätzt Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) – und verspricht, die Ansprüche der Steuerzahler auf Rückerstattungen zügig zu bearbeiten. Die Steuererstattung wird das Land mit rund 70 Millionen Euro jährlich belasten, sagte Sarrazins Sprecher Clemens Teschendorf.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jochen Esser, forderte den Senat auf, „jetzt endlich seine Finanzplanung zu korrigieren“. Diese enthalte ohnehin zu hohe Einnahmen in Höhe von 200 Millionen Euro. Der Chef der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Frank Henkel, nannte das Urteil einen wichtigen Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. FDP-Fraktionschef Martin Lindner sagte: „Ich freue mich immer, wenn das Bundesverfassungsgericht den Steuerabkassierern auf die Finger haut.“ Er forderte aber eine Einkommenssteuernovelle aus einem Guss – und die Abschaffung steuerlicher Sonderregelungen.

Der Bund der Steuerzahler Berlin geht davon aus, dass Berlin in besonderem Maße von dem Urteil aus Karlsruhe betroffen ist: „Ein großer Teil der Beschäftigten in der Stadt fährt weniger als 20 Kilometer zur Arbeit, und sie alle können nun doch ihre Fahrtkosten beim Finanzamt geltend machen“, sagte Alexander Kraus, Vorstandsvorsitzender des Steuerzahlerbundes in Berlin. Zugleich forderte Kraus erneut die Anhebung der Kilometerpauschale: „Selbst bei Kleinwagen betragen die realen Fahrkosten mindestens 50 Cent“, so Kraus. Bisher können 30 Cent je gefahrener Kilometer von der Steuerlast abgezogen werden.

Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will die Finanzämter anweisen, die gezahlten Steuern innerhalb von drei Monaten zu erstatten, um so die Konjunktur anzukurbeln. Diese Vorgabe hält der Bund der Steuerzahler für unrealistisch: „Das wird länger dauern“, sagt Kraus. Die Finanzämter müssten die Steuerbescheide ändern, und in wenigen Wochen gingen die ersten Steuererklärungen für das Jahr 2008 in den Ämtern ein.

Direkte Folgen hat das Urteil auch für den Brandenburger Landeshaushalt. Nach Angaben des Finanzministeriums sinken die Einnahmen um 33 Millionen Euro. Im Land Brandenburg pendeln rund 240 000 Menschen – also mehr als ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – über die Landesgrenzen hinweg zur Arbeit, wie 2007 eine Erhebung ergab. Mehr als 168 000 Menschen fahren täglich aus der Mark zur Arbeit nach Berlin. 15 000 Brandenburger pendeln nach Sachsen, knapp 7800 nach Sachsen-Anhalt, fast 6600 nach Mecklenburg-Vorpommern, 2150 nach Thüringen. Die restlichen 38 000 Pendler arbeiten in westlichen Bundesländern. Hinzu kommt noch etwa ein Viertel der in Brandenburg Beschäftigten, die innerhalb des Landes täglich zur Arbeit pendeln.

Das Urteil hat auch Auswirkungen auf den Grundstücksmarkt. Experten hatten Preisrückgänge für Bauland am Stadtrand wegen der Streichung der Pendlerpauschale vorausgesagt. Das ist nun nicht mehr zu erwarten.

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