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Tarifstreit: BVG-Löhne: Verhandler trennen „Welten“

Die 24 Millionen Euro, die Finanzsenator Thilo Sarrazin für Tariferhöhungen ins Spiel gebracht hat, reichen Verdi nicht. Im öffentlichen Dienst soll es am 10. April einen Warnstreik geben.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Verdi-Landeschefin Susanne Stumpenhusen war sauer: „Ich werde gleich mit Finanzsenator Sarrazin telefonieren“, sagte sie gestern Nachmittag. „Wir haben absolutes Stillschweigen über die Verhandlungen zum neuen BVG-Tarifvertrag vereinbart. Und dann lanciert die Verwaltung plötzlich Zahlen in die Öffentlichkeit, mit der versucht wird, Politik zu machen.“

Der Ärger Stumpenhusens bezog sich auf eine Mitteilung von Sarrazins Sprecherin, wonach der Finanzsenator das Angebot von 20 Millionen Euro für Tariferhöhungen um vier Millionen Euro aufstocken wolle. Verdi-Sprecher Andreas Splanemann hatte daraufhin erklärt, 24 Millionen seien niemals ausreichend. Denn wenn man den Abschluss von Potsdam für den Öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes von insgesamt rund acht Prozent als Maßstab nehme, müsse Thilo Sarrazin (SPD) für die Gehaltserhöhungen bei der BVG rund 60 Millionen Euro bereitstellen und dazwischen – so Splanemann – „liegen Welten“.

In Senatskreisen wurde Sarrazins Vorgehen mit Befremden zur Kenntnis genommen. Mit dem Verweis auf den Potsdamer Tarifabschluss seien „Begehrlichkeiten geweckt worden“, hieß es. Auch die Summe von 24 Millionen Euro sei nur als interne Obergrenze gedacht gewesen.

Nachdem nun die ersten Journalisten irritiert nachfragten, wie man bei einer solch riesigen Differenz zu einem Verhandlungsergebnis kommen wolle, ruderte Splanemann zurück. Er wisse gar nicht genau, wieviel der Abschluss von Potsdam für Berlin bedeute, sagte er dem Tagesspiegel. Er habe nur deutlich machen wollen, dass „24 Millionen Euro auf gar keinen Fall ausreichen“. Deshalb will Sarrazin die Potsdamer Ergebnisse ja auch höchstens auf die sogenannten Neubeschäftigten anwenden. Viele in der BVG finden das angesichts der Unterschiede in der Gehaltsstruktur sinnvoll. Möglicherweise rührt daher der Optimismus, dass die an einem geheimen Ort stattfindenden Verhandlungen heute tatsächlich nicht wieder ergebnislos enden.

Bewegung kommt unterdessen auch in den Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes. Die Gespräche dazu waren am 30.Januar gescheitert. Die Gewerkschaften haben deshalb für den 10. April zu einem Warnstreik aufgerufen und wollen am gleichen Tag mit der Urabstimmung über einen regulären Streik beginnen. Bislang hatte sich Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geweigert, vor dem 10. April mit den beteiligten Gewerkschaften Verdi, GEW, GdP und IG Bau zu sprechen. Gestern schlugen jene vor, einen von Körting mit der GEW vereinbarten Termin über ein separates Problem am 9. April für ein Gespräch mit allen Gewerkschaften zu nutzen. In der Innenverwaltung hieß es dazu gestern, man werde das prüfen. Körting selbst sei bis zum 8.April im Urlaub.

Erholung wird er brauchen, denn jetzt schon ist absehbar, dass Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst ähnlich konfliktreich sein werden wie der Streit um die BVG-Gehälter. Die Personalausgaben sind im Landeshaushalt ein großer Posten (2008: 6,25 Milliarden Euro). Jedes Prozent Gehaltserhöhung bei den Angestellten der Landes- und Bezirksverwaltung kostet Berlin 20 Millionen Euro. Umgerechnet auf den Potsdamer Tarifabschluss für den Bund und die Kommunen wären das 160 Millionen Euro jährlich; Beamte nicht eingerechnet.

Bisher war die Linie des Senats, den Solidarpakt für den öffentlichen Dienst Ende 2009 auslaufen zu lassen und vorherige Gehaltserhöhungen nicht zu akzeptieren. Mit dem Solidarpakt (weniger Lohn bei weniger Arbeitszeit) wurden seit 2003 jedes Jahr etwa 400 Millionen Euro eingespart. Erst 2010 sollte es zu einer „modifizierten Anschlussregelung“ kommen, die den Haushalt immer noch um 150 Millionen Euro entlastet. Diese harte Linie wird der Senat wohl nicht durchhalten können.

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