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© Thilo Rückeis

Tempelhof-Besetzung: Die Rechnung begleicht der Steuerzahler

Nach der Auseinandersetzungen um eine Öffnung des ehemaligen Flughafen Tempelhof gibt es nun eine Kontroverse um den Polizeieinsatz. Innensenator Körting kritisiert die Bündnisgrünen. Am Montag wollen die Abgeordneten sich mit den Vorgängen am Wochenende beschäftigen.

Die teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen um eine Öffnung des ungenutzten Tempelhofer Flughafenfeldes haben am heutigen Montag ein parlamentarisches Nachspiel. Vor allem die Oppositionsparteien CDU und Grüne wollen im Innenausschuss über die am Sonnabend von der Polizei vereitelte Besetzung des Areals diskutieren. Der Einsatz wird von den meisten politischen Beobachtern aus polizeilicher Sicht als erfolgreich eingeschätzt, allerdings gehen die politischen Bewertungen auseinander.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) lobte den Polizeieinsatz. "Ein großes Kompliment an die Polizeiführung und die Polizisten vor Ort, die den Rechtsstaat verteidigt haben", sagte er am Montag. Die Polizei habe mit den gebotenen Maßnahmen einen Rechtsbruch verhindert.

Die Polizei war mit einem massiven Aufgebot von 1500 Berliner Polizisten im Einsatz sowie sieben Hundertschaften, die als Verstärkung aus dem Bundesgebiet anreisten. 102 Demonstranten wurden festgenommen, 99 kamen bis Sonntagmorgen wieder frei. Drei wurden unter anderem wegen besonders schweren Landriedensbruch einem Haftrichter vorgeführt. Gegen einen von ihnen bestand bereits ein Haftbefehl wegen einer anderen Strafsache. Die Polizei meldete 21 verletzt Beamte.

„Die Polizei war der Prügelknabe für einen handlungsunfähigen Senat, der Tempelhof schon längst hätte freigeben sollen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, dem Tagesspiegel. CDU-Innenpolitiker Peter Trapp will vor allem wissen, wieso die Polizeiführung bei diesem Einsatz massiv präsent war und sogar Wasserwerfer dabei hatte, während man aus seiner Sicht am 1. Mai versäumt habe, eine „Strategie der Stärke“ umzusetzen. Heute wird auch darüber diskutiert werden, wieso ein Zivilpolizist bei dem Einsatz seine Pistole zog.

Am Sonnabend hatten mehrere tausend Anhänger von linksalternativen Gruppen überwiegend friedlich dafür demonstriert, das Flughafengelände für die Bürger zu öffnen. Die von einer Aktivisten- Gruppe vorgesehene und von gewaltbereiten Autonomen unterstützte Besetzung scheiterte an der Gegenwehr der Polizei.

„Mit dem Ziel der Massenbesetzung sind wir gescheitert, aber wir haben dennoch auf politischer Ebene einiges bewegt mit der Aktion“, resümierte ein Sprecher von „Squat Tempelhof“. Die Unterstützer sprachen gestern sogar von 6000 bis 7000 Teilnehmern, während die Polizei von rund 2000 Aktivisten ausgeht. Die Organisatoren halten den Polizeieinsatz für „völlig übertrieben“. Bei einer Pressekonferenz am Montag wollen sie Bilanz ziehen.

Die Landesregierung bewertet den Einsatz als Erfolg. „Unsere Aufgabe war es, deutliche Grenzen zu ziehen zwischen einer Demonstration und einem Rechtsbruch – das ist der Polizei in hervorragender Weise gelungen“, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD). „Diejenigen, die die liberale Stadt zum Rechtsbruch nutzen wollten, haben eine Niederlage erlitten.“ Das gelte auch für diejenigen, die „wie die Grünen im Vorfeld den Rechtsbruch bagatellisieren wollten“. Der Einsatz habe hingegen „hoffentlich allen klar gemacht, wo die Grenzen einer Auseinandersetzung in einer demokratisch verfassten Gesellschaft sind“. Die Grünen hatten – wie auch Teile der Linken und die SPD-Jugendorganisation Jusos – sich mit dem Anliegen der Besetzer solidarisch erklärt, aber illegale Aktionen abgelehnt. „Wir haben uns immer von Gewalt distanziert“, sagt Grünen-Politiker Lux. Es sei unzutreffend, wenn jetzt Politiker wie Körting die Veranstalter friedlicher Proteste und autonome Gewalttäter gleichsetzen.

Die Kosten für den Polizeiensatz rund um das 386 Hekatr große Flughafengelände trägt der Steuerzahler. Nach Schätzungen von Experten hat die Verteidigung des Geländes allein am Sonnabend Millionen gekostet. Die Gewerkschaft GdP veranschlagt je Einsatzstunde eines Beamten 90 Euro. Bei knapp 2000 Beamten kämen für zehn Stunden 1,8 Millionen Euro zusammen. Da der Protest in vier regulär angemeldeten Demonstrationen zum Ausdruck kam, zahlt der Staat.

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