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Der Regierende Bürgermeister hält sich im Wahlkampf mit Elefantenrunden zurück.

© dapd

Wahlkampf in Berlin: Wowereit findet Elefantenrunden langweilig

Klaus Wowereit will vor der Abgeordnetenhauswahl im September offenbar nicht mehr gemeinsam mit den Spitzenkandidaten der anderen Parteien debattieren. Oppositionspolitiker sind empört.

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein Wahlkampf ohne Elefantenrunde? Vor einem Monat, im Ritz-Carlton am Potsdamer Platz, saßen die fünf Spitzenkandidaten zur Abgeordnetenhauswahl zum ersten, aber vielleicht auch zum letzten Mal zusammen auf einem Podium. Damals lud der Landesfrauenrat ein. Inzwischen werden die Führungsleute von SPD, Grünen, CDU, Linken und FDP mit Einladungen für gemeinsame Diskussionen überschüttet. In dieser Situation hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit entschieden, an weiteren Fünferrunden möglichst nicht teilzunehmen.

Das gibt jetzt böses Blut. Denn Wowereit geht auch nicht zur Industrie- und Handelskammer (IHK), die sämtliche Kandidaten für den 5. September eingeladen hat. Der CDU-Konkurrent Frank Henkel schimpft: „Das ist ein Affront gegenüber der Wirtschaft.“ Die IHK bedauert die Absage. „Wir hatten gehofft, dass sich alle Spitzenkandidaten am 5. September bei uns präsentieren“, sagt deren Sprecher, versichert aber, „dass es bei uns keine Irritationen gibt“ und der SPD-Landeschef Michael Müller als Vertreter Wowereits willkommen sei. Der Regierende Bürgermeister und IHK-Präsident Eric Schweitzer pflegten ein „gutes und konstruktives Verhältnis“ und seien immer füreinander erreichbar.

Nicht nur wegen der Absage bei der IHK wirft der FDP-Spitzenkandidat Christoph Meyer dem SPD-Kandidaten vor, sich der Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern zu entziehen. „Das ist schlechter Stil.“ Der CDU-Mann Henkel versteht zwar, „dass man mit dem großen Veranstaltungsformat nicht die ganze Stadt abdecken kann“. Aber bei den Wirtschaftsverbänden, den großen Zeitungsverlagen und dem öffentlich-rechtlichen RBB sollten die fünf Spitzenkandidaten gemeinsam auftreten. Die Linken sehen dies ähnlich. „Wowereit muss sich der Diskussion stellen, er sollte nicht so tun, als habe er das nicht nötig“, sagte Parteisprecher Thomas Barthel.

Andreas Schulze, Sprecher der grünen Spitzenkandidatin Renate Künast, sagte, es sei nicht das erste Mal, dass Wowereit einer direkten Diskussion ausweichen wolle. So wie der IHK sei es auch Tageszeitungen und Gewerkschaften ergangen. „Wenn klar ist, wie die IHK mit der Absage umgeht, entscheidet Renate Künast über ihre Teilnahme.“ Verteidigt wird Wowereit vom SPD-Chef Müller. „Solche Elefantenrunden sind schwerfällig und meistens langweilig und ermüden die Zuhörer.“ Die Spitzenkandidaten hätten dort kaum die Chance, ihr politisches Profil herauszustellen.

Vor der Wahl 2001, nach dem Bruch der großen Koalition in Berlin, waren große Podien – damals mit Wowereit, Gregor Gysi (PDS), Frank Steffel (CDU), Sibyll Klotz (Grüne) und Günter Rexrodt (FDP) – noch groß in Mode. 2006 duellierte sich Wowereit ständig mit dem CDU-Mann Friedbert Pflüger. Doch im beginnenden Wahlkampf 2011 sieht es so aus, als werde die Debattenkultur ganz dem Zufall überlassen. Das zunächst erwartete Duell mit Künast fällt aus, denn die CDU hat sich wieder an die Grünen herangerobbt. Eine Triole unter Einbeziehung Henkels würde das Regierungsmitglied Harald Wolf (Linke) düpieren. Und bei Veranstaltungsquartetts könnte sich die FDP zu Recht beklagen, dass ihr nicht einmal mehr politischer Artenschutz gewährt wird. Also macht jeder seins.

Apropos Liberale: Deren Landes- und Fraktionschef Christoph Meyer stellte am Freitag die Wahlkampagne der FDP vor – ohne zentrales Motto. „Wir setzen auf die Themen Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Verkehr“, sagte Meyer. Die FDP hat für ihren Wahlkampf neben Spenden ein Budget von 350 000 Euro. Die Kampagne wird von der Berliner Agentur „Etwas Neues entsteht“ geführt. Neben Themenplakaten wird das Konterfei des Spitzenkandidaten Meyer zu sehen sein. Den Wahlkampfauftakt hat die FDP am 18. August um 19 Uhr am „Tucher“ vor dem Brandenburger Tor.

Die Grünen planen Mitte August ihren Wahlkampfauftakt. Näheres wolle man „zeitnah“ bekannt geben, sagte ein Sprecher. Die SPD wird am Mittwoch weitere Elemente ihrer Wahlkampagne einschließlich der Großplakate präsentieren, die ab 1. August aufgestellt werden.

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