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Berlin: Lehrer-Mord: Keiner will zugestochen haben Prozess-Auftakt gegen drei Schüler unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Einer der Schüler will die Gewaltexplosion „toleriert“ haben. Ein anderer wollte das Blutbad verhindern, wie er sagt.

Einer der Schüler will die Gewaltexplosion „toleriert“ haben. Ein anderer wollte das Blutbad verhindern, wie er sagt. Der dritte Angeklagte versteckte sich sogar nach Angaben seines Anwaltes. Alle drei geben zwar zu, dass sie ihr Opfer „abziehen“ wollten. Für die zahlreichen Messerstiche aber machen sich die Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren gegenseitig verantwortlich. Seit gestern stehen sie wegen Mordes an dem Oberstudienrat Joachim K. vor einer Moabiter Jugendstrafkammer.

Kassem K., Behudin B. und Xhevat S. hatten den Lehrer am 11. Mai vergangenen Jahres in einer Bar in der Fuggerstraße in Schöneberg kennen gelernt. Er soll ihnen Geld für Sex angeboten haben. Joachim K. lud zwei der Jugendlichen zu sich ein. Der geschiedene Mathe- und Physiklehrer wohnte in einem Einfamilienhaus in Rahnsdorf. Als er in seinen Audi A4 stieg, soll sich Kassem heimlich mit ins Auto gesetzt haben.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es einen gemeinsamen Tatplan gab, das Opfer auszurauben und zu töten. Als sich der Lehrer dem 16-jährigen Behudin sexuell näherte, wurde er laut Anklage von den beiden anderen Tätern hinterrücks angegriffen. Die aus dem Libanon, Bosnien und Jugoslawien stammenden Jugendlichen sollen den Oberstudienrat mit mehr als 20 Messerstichen, Schlägen mit einem Fleischklopfer und einer schweren Glasschale zu Tode gequält haben.

Der Prozess läuft wegen des jugendlichen Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Am Rande der Verhandlung aber sprachen die Anwälte. Für Behudin sagte Verteidiger Bernd Kubacki: „Der Junge hat die Gewalt toleriert, die anderen nicht gehindert, weil er sich wegen des ersten sexuellen Kontaktes mit einem Mann erniedrigt fühlte.“ Der blonde Bosnier sei das Bauernopfer gewesen, „das ins Bett musste“. Behudin sagte als erster der drei Angeklagten aus. Während er bei der Polizei Stiche zugegeben haben soll, bestritt er vor Gericht eine Beteiligung an dem Blutbad.

Der ebenfalls 16-jährige Xhevat stellt die Szene ganz anders dar. Es sei Behudin gewesen, der plötzlich mit einem Messer angekommen sei. Sein Xhevat habe vergeblich versucht, die Gewalt zu verhindern, sagte Anwalt Jan Stübing: „Geplant war die Fesselung des Opfers.“ . Doch der Studienrat habe sich massiv gewehrt. „Einer der Mittäter kam mit der Situation nicht mehr zurecht. Da eskalierte die Gewalt.“ Der Anwalt von Kassem sagte, dass sein Mandant von dem Lehrer angegriffen worden sei . Nach seiner „Befreiung“ durch einen der Mittäter habe sich der 17-Jährige versteckt. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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