zum Hauptinhalt

Berlin: Lesen und tanzen

Zum Welttag stellen sich heute viele Autoren vor. Eva Menasse ist bei „Die andere Nacht“ zu Gast

Die Idee kommt aus dem spanischen Katalonien: Am 23. April verschenken die Menschen in Barcelona zum Namenstag des Volksheiligen Sankt Georg neben Rosen auch Bücher. Die Unesco fand das überzeugend und machte den 23. April zum Welttag des Buches. Heute gibt es daher ein umfangreiches literarisches Programm in der Stadt. Zum Beispiel mit der „anderen Nacht“ in der Kalkscheune. Bei der vierten Party mit Lesung und Disco ist auch Autorin Eva Menasse mit ihrem Buch „Vienna“ zu Gast. Die 34jährige geborene Wienerin lebt in Berlin.

Dass es sich in Berlin nicht nur gut leben, sondern auch schreiben lässt, hat Eva Menasse erst im zweiten Anlauf entdeckt. Der erste Kontakt mit der Stadt war für die damalige FAZ-Redakteurin denkbar ungünstig: Als Neuberlinerin versuchte sie um den 1. Mai 1999 herum, die Gegend in Prenzlauer Berg zu erkunden. Prompt landete sie mitten in einer Straßenschlacht. Selbst nach der Erklärung ihrer Freunde, das sei in Berlin normal, blieb ihr das Phänomen unbegreiflich.

2000 zog sie zurück nach Wien. Aber da waren diese acht Seiten Text, die sie 1997 aufgeschrieben hatte. Der Anfang von „Vienna“. Darin ging es um die Geschichte einer wienerisch-jüdischen Familie, die Züge von Menasses eigener Verwandtschaft trägt. Das lässt sich aus der Ferne besser aufschreiben, dachte die Autorin als sie zwischen Berlin und Wien pendelte. 2003 zog sie schließlich zurück nach Berlin und schrieb ihr Buch zu Ende. Im zweiten Anlauf musste Eva Menasse sich noch an manche Berliner Eigenart gewöhnen, wie zum Beispiel an den Sperrmüll am Rinnstein. „In Wien würde es niemandem einfallen, seine alten Möbel auf die Straße zu stellen, weil sie noch jemand brauchen könnte.“ Mittlerweile interpretiert sie auch die Berliner Schnauze als Angebot zum Kommunizieren, und überhaupt hat sie die „große, freie Stadt“ ins Herz geschlossen. Über Berlin zu schreiben traut sich Eva Menasse noch nicht. „Dafür kenne ich die Stadt zu wenig.“

Der Roman aus Berlin steht in Österreich derzeit auf Platz zwei der Bestsellerliste. Die eigene Familie hat die zum Teil skurrile Schilderung ihrer Charaktere sportlich genommen. Eva Menasse hat die allermeisten Anekdoten aus dem gemeinsamen Leben frei erfunden. Damit erst gar kein falscher Verdacht aufkommt, beteuert Robert Menasse, großer Bruder und selbst Schriftsteller, dass er noch nie eine Selbsthilfegruppe besucht habe, wie es die Schwester im Roman schildert. cof

„Die andere Nacht“ - Vol. 4 mit Michael Lentz, Peter Prange, Jenni Zylka und Eva Menasse, Kalkscheune, Johannisstr. 2, Mitte, ab 20.30 Uhr, Lesebeginn 21.30 Uhr, Eintritt 12 Euro (Abendkasse), ab 0.30 Uhr 6 Euro.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false