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Lesestunde: Wie im Märchen: Guttenberg da, Krawatte weg

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, derzeit im Hauptberuf Krisenbewältiger, nahm sich im Max-Liebermann-Haus am Brandenburger Tor Zeit für knapp 50 Grundschüler aus Lichtenberg und Treptow.

War es ein Zufall, dass es gerade das Märchen vom Hans im Glück war, das sich Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesucht hat, um es in einer Lesestunde für Kinder vorzutragen? Der Junge, der mit einem Klumpen Gold startet und am Ende mit leeren Händen dasteht – möchte sich auch der Bundeswirtschaftsminister von Lasten wie Arcandor oder Opel befreien? Erst mal befreit er sich nur von seiner Krawatte. Gleich zu Beginn der Märchenstunde bittet er die sechs- bis zehnjährigen Zuhörer, sich wegen der Wärme seines Schlipses entledigen zu dürfen. Die hellblaue Seide mit Pinguin-Motiv hängt er einem der Kinder um.

Der Minister, derzeit im Hauptberuf Krisenbewältiger, er nimmt sich im Max-Liebermann-Haus am Brandenburger Tor Zeit für die knapp 50 Grundschüler aus Lichtenberg und Treptow. Mit vollem Engagement trägt Guttenberg das berühmte Märchen der Gebrüder Grimm vor, imitiert Pferd, Kuh, Schwein und Gans, verpasst dem Bauern einen sächsischen Akzent, dem Metzger einen bayrischen. Den Kindern gefällt’s.

Als Guttenberg das Buch zugeklappt hat, folgt die Fragestunde. Er ist geduldig, wie es sich für einen Vorleser gehört. Er will jedes Kind anhören und gibt jedem eine Antwort. Auch wenn diese nicht sonderlich populär ist. Auch das ist sein Tagesgeschäft. So etwa bei der Frage, ob er auf einem Schloss wohne. Nein, nur sein Vater lebe in einem – so der Minister. Aber das sei nicht so romantisch, wie man sich das vorstelle, da fielen regelmäßig Ziegel vom Dach. Ein Kind meldet sich und bemerkt, dass der Opa am nächsten Tag Geburtstag habe – er liebe Pinguine. Der Vorleser ist großzügig, ganz der Wirtschaftsminister eben auch. „Grüß deinen Großvater und bring ihm meine Krawatte mit“, sagt Guttenberg.

Dann ist Schluss mit Märchen, die Arbeit ruft, der Vorleser ist wieder Minister. Schon stehen Kamerateams bereit, um Antworten zu Opel oder der Kreditklemme zu bekommen. „Ich muss mir eine Krawatte kaufen!“, ruft er noch. Ein Minister, der nicht nur Steuergelder ausgibt, sondern auch sein eigenes – das ist doch was. 

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