zum Hauptinhalt

Berlin: Leuchtende Grüße aus Lissabon

Als die Stadt 1988 brannte, halfen Deutsche beim Wiederaufbau – als Dank dafür gestaltet die portugiesische Botschaft den U-Bahnhof Deutsche Oper mit Azulejos-Kacheln

Bei Joao Diogo Nunes Barata ist schon der Umzugs-LKW vorgefahren. Bald wird Portugals Botschafter Berlin Richtung Moskau verlassen, doch zuvor möchte er den Berlinern noch ein besonderes Geschenk Portugals hinterlassen, das Maßstäbe setzen wird. Bei seiner Verabschiedung am 30. Oktober in der Deutschen Oper Berlin in Charlottenburg wird er die Umgestaltung des gesamten U-Bahnhofes Deutsche Oper vorstellen, die dann in Teilen bereits abgeschlossen sein wird.

„Deutschland hat Lissabon 1988 bei dem großen Brand in der Altstadt entscheidend geholfen. Es gab eine richtige Solidaritätsbewegung, und Daniel Barenboim hat in der Waldbühne in West-Berlin ein großes Benefiz-Konzert für Lissabon organisiert. Das haben wir nicht vergessen. Und dann haben wir 1998 hier in Berlin die Bilder von der brennenden U-Bahn am Bahnhof Deutsche Oper gesehen – und da war unsere Idee geboren.“

Zusammen mit seiner Botschaftsrätin für Kultur, Maria Margarida Gouveia Fernandes entwickelte er die Idee für ein Projekt der Solidarität mit Berlin. Die beiden führten Gespräche mit dem Senat und der BVG, denn sie wollten eine U-Bahnstation mit portugiesischen Kacheln, den Azulejos, schmücken. Fast alle Stationen der Lissabonner U-Bahn sind mit Kachelbildern bedeutender portugiesischer Gegenwartskünstler gestaltet. „Am Anfang war man ein wenig reserviert, aber nach einer Zeit der Überlegung fand es die BVG eine gute Idee und wollte uns zwei bis drei neue U-Bahnstationen nennen“, erzählt der Botschafter.

Aber den Portugiesen ging es um mehr. Sie wollten ein Symbol, ein spezielles Zeichen setzen. Die Musik aus Berlin hatte Lissabon geholfen, jetzt sollen portugiesische Kacheln, ein Vorzeigeprodukt portugiesischer Kultur, Berlin helfen. „Wir wollten aber den U-Bahnhof Deutsche Oper, wegen des damaligen Feuers.“

Die Botschaft setzte alles in Bewegung, um dieses Vorhaben finanziert zu bekommen. Der Botschafter rief den Bürgermeister von Lissabon, Joao Soares, an. Die Stadt Lissabon erklärte sich bereit, den Künstler José de Guimaraes zu bezahlen. Die Portugiesische Investitionsbank BPI unter ihrem Präsidenten Artur Santos Silva, die Metropolitan de Lisboa und das Kulturinstitut Camoes beteiligten sich an der Finanzierung. Das Kulturinstitut sah das Projekt als gute Promotion für portugiesische Künstler. Der Maler José de Guimaraes hat bereits in Japan, Mexiko und natürlich in Lissabon U-Bahnstationen dekoriert. Und die BVG erklärte sich schließlich bereit, die Baukosten zu tragen.

„Mit Hilfe all dieser Institutionen haben wir nun die Bilder nach Entwürfen des Künstlers in Portugal bei der Traditionsfirma Viúva Lamego in Sintra produziert und nun sind die Kacheln auf dem Weg nach Berlin. Es gab eigentlich keinen Grund zur Eile, aber da ich nun nach Moskau versetzt werde, möchte ich die Übergabe dieses Geschenkes bei meinem Abschiedsempfang gerne selber übernehmen.“ Zwei Tage später wird der Botschafter Berlin verlassen.

Damit der Verkehr nicht gestört wird, werden die Arbeiten auf den Bahnsteigen nachts ausgeführt. Dort, wo die Freiflächen für Werbeplakate ausgespart waren, werden auf den beiden Wänden des Bahnhofs jeweils sechs farbenfrohe Paneele angebracht. Die grauen Kacheln, die nach dem Brand erneuert wurden, bleiben.

Die restliche Fläche zur Decke hin wird in vier verschiedenen Weißtönen gestaltet. Guimaraes Bilder sind zeichenhaft, kleine Totemwesen, farbenfrohe Figuren und Abstraktionen sollen dem Bahnhof ein fröhliches Aussehen geben. Auch das ehemalige Aufsichtshäuschen sowie die oberen Flure werden neu mit Azulejos gestaltet. Hier sollen die Namen von 20 bedeutenden Opernkomponisten, darunter auch zwei, drei Portugiesen, verewigt werden.

Wie weit die Azulejo-Kultur in der Lissabonner U-Bahn gediehen ist, soll überdies eine zweiwöchige Ausstellung mit Fotos von Lothar Schiffler zeigen, die im Foyer der Deutschen Oper für jedermann zugänglich ist.

„Wir hatten immer die Idee gehabt, irgend etwas für Berlin als Dank zu tun, das Feuer brachte uns auf die Spur. Und dieser Bahnhof wird von einem kunstinteressierten Publikum aufgesucht“, sagt Botschafter Joao Diago Nunes Barrata, lächelt zufrieden und ist sich sicher, dass sein Projekt auch eine neue Berliner Touristenattraktion wird, die man in jedem Reiseführer findet.

„Aus zwei Unglücken schlagen wir eine Brücke zwischen zwei Ländern – das ist die Idee“, sagt Barrata. Berlin bekommt ein Stück bester portugiesischer Kultur geschenkt. Es werde bleiben und vielleicht im Gedanken – ausländische Künstler eines Landes gestalten eine neue U-Bahnstation – Nachahmer finden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false