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Lichtenrade: Aufruhr um Automarkt

In Lichtenrade will ein Unternehmer Gebrauchtwagenhändler ansiedeln. Doch in der Nachbarschaft und im Rathaus regt sich Widerstand.

Das Schild war in arabischer und deutscher Sprache geschrieben, und es alarmierte viele Anwohner im äußersten Süden Berlins. „Hier entsteht ein neuer privater Automarkt für Gebrauchtwagen. Interessierte Autohändler, die eine Parzelle pachten wollen – bitte melden!“, stand dann vor zwei Wochen am Zaun eines Brachgeländes an der Blohmstraße in Lichtenrade zu lesen. Hinter dem Maschendraht planierten Baumaschinen bereits die Erde, davor wuchs der Protest: Die Bewohner der nahen Einfamilienhaus-Siedlungen fürchten nächtlichen Lärm, blockierte Parkstreifen und viele andere Belästigungen, falls der geplante Autohof verwirklicht wird. Dabei verweisen sie auf die teils chaotischen Verhältnisse rund um den umstrittenen Gebrauchtwagenmarkt am Tempelhofer Weg in Britz.

Wie berichtet, werden dort alljährlich tausende Altautos meist aus Italien abgeladen und von arabischen Zwischenhändlern nach Osteuropa weiterverkauft. Folglich blockieren Großtransporter die Straßen. Krach, Abgase und eine „bedrohliche Szene“ vor ihrer Haustüre nerven die Nachbarn. Anfang November kam es am Tempelhofer Weg zu einer Massenschlägerei zwischen libanesischen und palästinensischen Händlern.

Doch das Geschäft mit den Altautos floriert offenbar so gut, dass der neue Lichtenrader Platz auf rund 28 000 Quadratmetern Fläche sogar noch größer werden soll als die Britzer Areale. Das Konzept ist das gleiche: Auch an der Blohmstraße will der Besitzer das Gelände an viele kleine Zwischenhändler verpachten, die ihre Parzellen umzäunen und ihre Geschäfte in Bürocontainern abwickeln. Ein Bauantrag liegt beim Bezirk Tempelhof-Schöneberg schon vor. Eingereicht hat ihn ein Grundstückseigentümer mit ausländischem Akzent, der sich zu seinen Plänen gegenüber dem Tagesspiegel nicht äußern will. Aufgeschreckt hat er aber bereits die Verantwortlichen des Bezirks. Dessen Ordnungsamt ist leidgeprüft. Es muss sich schon ständig mit den Britzer Ärgernissen herumschlagen. Nun sagt Baustadtrat Bernd Krömer (CDU): „Wir wollen keinen zweiten Problemfall in Lichtenrade.“ Deshalb lässt er prüfen, „welche Möglichkeiten wir haben, das Projekt zu untersagen.“ Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) steht hinter ihm, sie hat sich gegen das Vorhaben ausgesprochen.

Gleichwohl wird die Angelegenheit für Krömer möglicherweise kompliziert, denn der Autohof soll in einem Industrie- und Gewerbegebiet entstehen – und auf solchen Flächen sind derartige Vorhaben grundsätzlich zulässig. Bis 1998 war dort die Büroartikel-Firma Leitz ansässig, danach wurde diese von dem schwedischen Branchenriesen „Esselte Office products“ gekauft. Die Produktion von Ablagesystemen ging bis 2003 weiter. Dann legte Esselte die Bänder still und verkaufte das Areal an mehrere Investoren.

Stadtrat Krömer sucht nun nach einem „juristisch haltbaren Grund“, um den Bauantrag abzulehnen. Dabei setzt er auf die nahe Lage der angrenzenden Siedlungen. Deren Bewohner hätten einen Anspruch auf „Ruhe und Schutz“. Außerdem argumentiert Krömer mit den beengten Verkehrsverhältnissen. Die teils schadhaften und engen Straßen seien für Autotransporter ungeeignet.

Gegen die ersten Planierarbeiten auf dem Gelände konnte er anfangs nichts unternehmen. Solche vorbereitenden Arbeiten sind auch ohne Baugenehmigung erlaubt. Als die Baumaschinen jedoch immer zahlreicher wurden, verhängte er in der vergangenen Woche einen Baustopp. Krömer: „Ich will verhindern, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden.“

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