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Berlin: Lieber was Leichtes

...empfiehlt Michael Kempf vom Restaurant Facil. Er kocht betont puristisch, ohne exotische Effekte und Litaneien der üblichen Luxusprodukte. Das Mediterrane steht bei Kempf im Zentrum, gerät aber nie ins abgedroschene Thymian-Tomaten-Knoblauch-Klischee. Sein Menü hat er so komponiert, dass nach der Vorspeise noch ein wenig Platz im Magen ist für die nächsten zwei Gänge.

ALLES FRISCH! JUNGE SPITZENKÖCHE SERVIEREN FRÜHLINGSMENÜS (1)

Für Michelin-Sterne in teuren Großstadtrestaurants gilt: Sie sind schwer zu bekommen und leicht zu verlieren. Und wenn ein Stern einmal weg ist, dann kommt er auch so bald nicht zurück. Diese Vorrede war nötig, um klarzustellen, was Michael Kempf auf sich genommen hat, als er im vergangenen Frühjahr die Küchenchefposition im „Facil“ übernahm. Das Luxusrestaurant hatte wenige Monate zuvor den Stern bekommen, und zwar für die Küche von René Conrad. Kempf, gerade 26, war als Sous-Chef eingestiegen, um einfach mal zu schauen, wie die Dinge in Berlin so laufen. Und war plötzlich selbst der Chef, weil Conrad Hals über Kopf nach Wuppertal entschwand. Die Pointe ist bekannt: Der Stern ist geblieben, und Kempf kann von sich sagen, dass er ihn nicht geerbt, sondern mit eigener Arbeit souverän verteidigt hat.

Das ist umso bemerkenswerter, als er ebenso wie sein Vorgänger alle dekorativen und geschmacklichen Exzesse vermeidet und geradezu betont puristisch kocht, ohne exotische Effekte und endlose Litaneien der üblichen Luxusprodukte. Von Dieter Müller, seinem berühmten Lehrmeister, hat er sich rasch emanzipiert, serviert keine Hauptgänge auf drei Tellern und keine Variationen-von-Orgien, die schon die erste Vorspeise zur sättigenden Magenbombe machen. Das Mediterrane steht im Zentrum, gerät aber nie ins abgedroschene Thymian-Tomaten-Knoblauch-Klischee. Typisch ist Kempfs Vorliebe für geschmorte Fleischgerichte, beispielsweise Rinder- oder Lammschulter, aber er weiß auch, wie man kurz gegartem Fleisch wie diesem Kalbsfilet zu Geschmack verhilft. Und nichts dient nur der Optik, sondern hat immer auch kulinarische Funktion – auf unserem Bild beispielsweise das tiefbraune Olivenpüree, das der leichten Vorspeise einen sanften mediterranen Touch gibt.

Das Facil ist ein teures Restaurant. Und dennoch immer gut gebucht, weit entfernt von der Krisenstimmung der Branche. Das liegt an der klaren Küche, die jeder genießen kann, ohne vorher tiefgründige Interpretationen zu formulieren, die aber auch ausgepichten Gourmets nicht langweilig wird. Es liegt am geräuschlosen, diskreten Service von Manuel Finster und seinen Leuten – und es liegt natürlich daran, dass den Architekten ein Raum gelungen ist, der spontan Behagen vermittelt: Hinter den transparenten Glaswänden im fünften Stock rascheln grüne Bambusstauden, drinnen plätschert Wasser über hohe Terrakotta-Vasen, alles ist bequem und komfortabel, gut gelüftet und akustisch angenehm gedämpft, und die Beleuchtung lässt das Essen nie in lästiger Schummrigkeit versinken. Das Dach lässt sich beiseite schieben, und wenn im Sommer die kleine Terrasse geöffnet ist, fällt kaum noch jemandem auf, dass hinter dem Bambus statt japanischer Berge nur die Häuserfronten des Potsdamer Platzes stehen: Denn ruhiger kann man in dieser Gegend nirgendwo draußen sitzen.

Facil im Madison-Hotel, Potsdamer Str. 3, Tiergarten, Tel. 59005 1234, Reservierung notwendig. Sonnabend und Sonntag geschlossen.

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