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Berlin: Linke Szene läuft gegen lange Wohnungsnacht Sturm

Mit ernster Miene tritt ein Polizist in Kampfmontur vor die Wohnungstür, Hinterhaus, dritter Stock, im Kreuzberger Trendkiez Schlesische Straße. „Die Besitzer wollen die Wohnung nicht mehr loswerden.

Mit ernster Miene tritt ein Polizist in Kampfmontur vor die Wohnungstür, Hinterhaus, dritter Stock, im Kreuzberger Trendkiez Schlesische Straße. „Die Besitzer wollen die Wohnung nicht mehr loswerden. Ab nach Hause“, verkündet er den dicht gedrängten Schwarzgekleideten und Kiezbewohnern im Treppenhaus. Woraufhin die sich beglückwünschen. Kein absurdes Theater, sondern eine Szene auf der ersten Langen Nacht der Wohnungsbesichtigungen.

Rund 1000 Besucher konnte der Internet-Immobilienanbieter und Veranstalter Immobilien-Scout-24 dazu anlocken. Ab 18 Uhr wurden vor allem Kaufinteressierte, aber auch Mietwohnungssuchende ab Alexanderplatz mit Bussen in acht Berliner Stadtteile gefahren: Charlottenburg, Friedrichshain, Kreuzberg, Mitte, Neukölln, Prenzlauer Berg, Schöneberg und Wedding. „Gerade in einem eng umkämpften Markt wie Berlin“ sei die Lange Nacht eine „erlebnisreiche und komfortable Alternative zu zeitraubenden Besichtigungsterminen“, warb der Veranstalter dafür.

Angesichts steigender Mieten und der Verdrängung von Mietern sah die linke Szene in der Langen Nacht dagegen „eine Unverschämtheit“. In einem Internetaufruf wurde zur „farblichen Neugestaltung“ der Wohnungen und zur Besetzung aufgerufen. Zivilpolizisten bei der Wohnungsbesichtigung und Sicherheitsleute in den Bussen verhinderten das aber weitgehend: Nach einer ersten Kundgebung am Alexanderplatz lieferten sich die Gegner der Aktion in der Schlesischen Straße und der Adalbertstraße in Kreuzberg ,,leichtere Rangeleien“ mit eingesetzten Beamten, so ein Polizeisprecher. Aus Protest hätten sie wahllos Klingeln von Häusern gedrückt, in denen Wohnungen gezeigt werden sollten. Auch zwei Sachbeschädigungen habe es gegeben. Mehrere Personen wurden zur Feststellung ihrer Personalien vorübergehend festgehalten.

Nur wer wirklich gehofft hatte, wenigstens eine Mietwohnung zu finden, wurde enttäuscht. So wie David, 21, aus Bayern, der eine Einzimmerwohnung sucht. Ein Ei fliegt ans Busfenster, einer ruft „Neben euch will ich nicht wohnen“. Klar fühle man sich da nicht willkommen, „aber verstehen kann man die Wut schon, wenn das Wohnen immer teurer wird“.msl

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