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Berlin: Linkes Basisforum geht vom Netz

Früherer Landtagsabgeordneter Trunschke schaltet Diskussionsblog ab – aus Frust über mangelnde Unterstützung der Parteispitze.

Potsdam - Als Einladung zum Mitregieren hatte der frühere Landtagsabgeordnete der Linkspartei Andreas Trunschke seinen Internet-Blog angelegt. Doch in der eigenen Partei fand er für sein basisnahes Diskussionsforum wenig Unterstützung. Wegen der nach seinen Erfahrungen verknöcherten, antiquierten Kommunikations- und Führungskultur der Linkspartei in Brandenburg hat Trunschke angekündigt, seine Internet-Plattform „Linke in Regierungen“ zum Monatsende abzuschalten. Aus der Linkspartei, deren mangelnde Offenheit er immer wieder kritisiert hatte, war der 52-Jährige bereits Ende vergangenen Jahres ausgetreten.

Als Freiberufler hatte Trunschke den offiziösen „linken Diskussionsblog“ seit Bildung der rot-roten Koalition im Land 2009 betrieben, gedacht als moderne Mitmach-Plattform für eine breite Debatte zum Selbstverständnis der nach 20 Jahren Opposition nunmehr regierenden Partei, gefördert von der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Seite hatte durchaus Zuspruch, zählte 130 000 Gäste, die unter anderem über die hoch strittige Energiepolitik der rot-roten Landesregierung diskutierten. In einer „Schlussbemerkung“, die Trunschke jetzt in seinem Blog veröffentlichte, erklärt er das Projekt trotzdem für gescheitert – und zwar wegen der Blockade durch die Linken in der Regierungskoalition selbst. In der Landtagsfraktion, der Trunschke von 1994 bis 2004 und dann noch einmal von 2008 bis 2009 angehörte, zeigte man Verständnis für Trunschkes Schritt, denn auch unter den Abgeordneten wächst der Frust über die zunehmende Abnick-Rolle für Regierungsentscheidungen.

„Es fehlte am Wesentlichen“, beklagt Trunschke. Ein linker Diskussionsblog über Linke in Regierungen „braucht die stete, offene und transparente Mitwirkung der Linken in Regierung“. Doch diese habe es trotz zahlreicher Gespräche in Vorständen und mit einzelnen Ministern und Abgeordneten „zu keinem Zeitpunkt“ gegeben. Der Blog sei ein „Fremdkörper bei den Funktionsträgern“ geblieben, mit seinem Anspruch auf „Transparenz, Diskussion und Mitmachen“ habe er sich unter regierenden Genossen mehr und mehr Gegner gemacht, was weder in seinem noch „im Interesse des Förderers, der Rosa-Luxemburg-Stiftung“ gewesen sei.

Sein Urteil über die offiziellen Internet-Präsenzen sowie die Nutzung neuer Kommunikationsformen der Landtagsfraktion und Landespartei fällt vernichtend aus. Es gebe kein Online-Forum der Linken im Land, bis heute könne man weder auf der Seite der Fraktion noch der des Landesverbandes „auch nur einen Kommentar loswerden“, kritisiert Trunschke. Und selbst auf Facebook würden „dieselben drögen Presseerklärungen wie auf den Webseiten“ veröffentlicht. „Standpunkte, keine Diskussionsangebote. „Man fühlt Parteibürokratie, wo man auf Menschen aus Fleisch und Blut hofft.“ Konkret nennt er die jüngst publizierte Broschüre der Regierungskoalition zur rot-roten Halbzeitbilanz, die „hätte auch aus der SED-Propagandaabteilung stammen können. Wir sind die Guten. Alles ist gut. Wer mag da noch mitreden?“

Trunschke befürchtet, dass die Linken in Brandenburg den Anschluss an jüngere, internetaffine Wähler verpassen und ihnen das gleiche Schicksal droht, wie den Genossen in Berlin, die nach zehn Jahren rot-roter Regierungsarbeit wieder in der Opposition sitzen.

Trunschke hofft jetzt auf jüngere Linke wie den Potsdamer Kreisvorsitzenden Sascha Krämer. „Sie sind nicht nur inhaltlich kompetent, sie verstehen auch die verschiedenen Kanäle, analog wie digital, adäquat zu nutzen. Diese Jungen agieren nicht nur auf Augenhöhe mit den Bürgern, sondern auch mit den Piraten.“

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