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Reparatur läuft. Am frühen Donnerstagmorgen gab es einen Brandanschlag auf einen Verteilerkasten der Bahn. Zehntausende Pendler kamen zu spät zur Arbeit, weil Züge ausfielen. Foto: dpa/Stephanie Pilick

© dpa

Berlin: Linksextremisten legen Bahnstrecke lahm

Keine Züge zwischen Westkreuz und Wannsee nach Feuer in Verteilerkasten Senator zieht 1.-Mai-Bilanz: Weniger Festnahmen, weniger verletzte Polizisten.

Linksextremisten haben am frühen Donnerstagmorgen an der S-Bahn-Strecke zwischen Nikolassee und Grunewald einen Verteilerkasten der Bahn angezündet. Die Strecke nach Wannsee war daher seit 3.15 Uhr früh gesperrt, da mit dem elektronischen Stellwerk in Wannsee die Signale an der Strecke ausfielen.

Betroffen waren Zehntausende Fahrgäste, darunter viele Pendler von und nach Potsdam. Eine Bahnsprecherin sagte dem Tagesspiegel, die Aufräum- und Reparaturarbeiten würden sich schwieriger als gedacht gestalten. Erst am späten Donnerstagabend teilte die Bahn mit, dass der Vekehr sowohl auf der S-Bahnlinie 7 als auch bei der Regionalbahn wieder aufgenommen worden sei.

Ein Lkw-Fahrer hatte am Donnerstagmorgen von der Avus aus den Brand bemerkt und die Feuerwehr alarmiert. „Um 3.16 Uhr ging der Notruf bei uns ein, wenige Minuten später waren unsere Männer vor Ort", sagte ein Sprecher. Der Anschlag sei zwischen den S-Bahnstationen Grunewald und Nikolassee beziehungsweise den Avus-Ausfahrten Hüttenweg und Spanische Allee auf der Höhe des Fischerhüttenwegs verübt worden. Von den Tätern fehlt bisher jede Spur.

Zu der Tat bekannte sich am Donnerstagvormittag eine Gruppe namens „Vulkan Grimsvötn“. Die Selbstbezichtigung unter dem Titel „Vom Grollen der Vulkane in den Metropolen: 1. Mai verlängert“ wurde auf einer linksextremistischen Internetseite veröffentlicht – wie bei vorangegangenen Anschlägen auf die Bahn auch. Dass sich der oder die Täter nach isländischen Vulkanen benennen, ist nicht neu: bei dem Anschlag nahe Ostkreuz 2012 nannten sie sich nach dem Eyjafjallajökull, 2011 nach dem Hekla.

In dem Schreiben heißt es, dass der Südwesten gewählt wurde, um die „besseren Wohngegenden“ zu treffen. Außerdem ist von „mehreren“ Tatorten die Rede, weitere, nicht gezündete Brandsätze fand die Bundespolizei bei einer sofort angesetzten Suche nicht. Zahlreiche Kabel in einem Verteilerschrank und auf einer Kabelbrücke wurden zerstört. Auch bei früheren Anschlägen hatten die Täter empfindliche Stellen gefunden und lange Ausfälle erreicht. Der Regionalverkehr wurde am Donnerstag umgeleitet, als Ersatz für die S7 fuhren Busse.

Der Anschlag, der nach Angaben von Polizeipräsident Klaus Kandt keinen „inneren Zusammenhang“ mit den Mai-Demos hatte, schmälerte die Freude bei Polizei und Senat über den 1. Mai nicht. Innensenator Frank Henkel (CDU) sprach von „einem der friedlichsten 1.-Mai-Tage seit Beginn 1987“, der aber wieder ein „Tag der Arbeit für die Polizei“ war. „Die Strategie der Polizei ist vollständig aufgegangen, sie hatte die Lage jederzeit im Griff.“ Gerade weil 7300 Beamte im Einsatz waren, sei es so friedlich geblieben, „durch konsequentes Einschreiten wurden die Gewalttäter schnell entmutigt“, sagte Henkel weiter.  54 Beamte wurden an beiden Tagen verletzt (43 davon am 1. Mai), im ebenfalls relativ friedlichen 2012er-Mai waren es 133 gewesen. 2009, als die Autonomendemo zu einer Gewaltorgie ausartete, waren es fast 500 gewesen. Auch die Zahl der Festnahmen ist auf 94 gesunken, 2012 waren es 123 und 2009 fast 300. Kandt hofft nun auf eine „völlige Befriedung“ des 1. Mai. Diesem strategischen Ziel sei man in diesem Jahr nähergekommen. Es war Kandts erster 1. Mai als Berliner Präsident.

Henkel und Kandt betonten vor allem, dass die beiden relevanten Demonstrationen, die der NPD am Mittag und die „Revolutionäre 1.-Mai-Demo“, beide  ihr Ziel erreicht haben. Im Vorfeld hatten Gegner der NPD eine Blockade des braunen Marsches angekündigt, waren aber an den massiven Absperrungen der Polizei gescheitert. Durchbruchsversuche von Autonomen stoppte die Polizei mit Pfefferspray, einmal wurde die Sprühnebelfunktion des Wasserwerfers eingesetzt, nicht jedoch der scharfe Strahl. Die 460 Rechten konnten frei laufen. Kandt sagte, dass man die Kundgebungen der Gegner nicht dichter an den Aufmarsch der Rechten heranlassen konnte. Benedikt Lux von den Grünen lobte, dass die Polizei das Versammlungsrecht durchgesetzt habe, auch das der NPD. Dass der 1. Mai so ruhig war, sei der Polizei und den friedlichen Demonstranten zu danken.

Hakan Tas von der Linkspartei nannte das Vorgehen der Polizei in Schöneweide dagegen „unverhältnismäßig“, er forderte eine Debatte im Innenausschuss. Die Polizei sei „martialisch und wenig kommunikativ“ aufgetreten. Tas kritisierte auch, dass bei beiden Demos die Teilnehmer nicht informiert wurden, dass die Polizei Übersichtsaufnahmen macht. Auch die 18-Uhr-Demo erreichte ihr Ziel Unter den Linden, hier hatten Autonome im Vorfeld behauptet, dass die Polizei die Demo vorher „auseinanderprügeln“ werde. Wie berichtet, hatte sich die Lage nach einigen Steinwürfen auf eine Bank und eine Tankstelle überraschend deutlich beruhigt. (mit kt und das)

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