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Berlin: Linksradikale Szene vor dem 1. Mai tief gespalten

Inzwischen vier Veranstaltungen geplant – und jetzt will eine Gruppe schon am 30. April demonstrieren

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Trotz vollmundiger Propaganda erscheint die linksradikale Szene vor dem 1. Mai zerrissen wie selten. So ruft jetzt die Gruppierung „Theorie. Organisation. Praxis (T.O.P.)“ zu einer Demonstration für den Abend des 30. April auf – unter anderem mit der Begründung, man wolle der „Revolutionssimulation“ am Maifeiertag eine Absage erteilen. Damit sind nun an den zwei Tagen vier Veranstaltungen des linken Spektrums zu erwarten. „Das ist ein Zeichen der Zersplitterung und der Schwäche der Szene“, sagte Berlins Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid gestern dem Tagesspiegel. Für Schmid ist die Entwicklung auch interessant, weil die radikale Linke den 1. Mai zur Einstimmung auf die geplanten Massenproteste gegen den G-8-Gipfel im Juni in Heiligendamm nutzen will. In Berlin sehe es aber so aus, „dass die Szene nicht zusammenkommt“, sagte Schmid.

Die Ende 2006 gegründete T.O.P. will offenbar die Gelegenheit nutzen, sich einschlägig zu profilieren. Der Aufruf zur Demonstration am 30. April, die um 19 Uhr am Kreuzberger Heinrichplatz starten soll, klingt großspurig und ist mit Fäkalvokabeln durchsetzt. Die T.O.P. spricht von einer „bundesweiten Demonstration linker Gruppen“ und nennt mehrere Antifa-Trupps, die sich in einem Bündnis mit dem Titel „... ums Ganze!“ zusammengetan haben. Laut Schmid sind dabei jedoch maximal 500 Demonstranten zu erwarten.

Am Feiertag selber geht es dann um 13 Uhr mit einer Demonstration maoistischer Gruppen in Kreuzberg weiter. Schon für eine Stunde später ruft ein „Mayday-Bündnis“ unter dem Motto „Hol dir dein Leben zurück!“ zu einer „Parade“ am Lausitzer Platz auf. Die Organisatoren wollen sich gegen schlechter werdene Lebensbedingungen wehren. Ein mögliches Mittel haben die Veranstalter offenbar gefunden: „Mehr Ladendiebstähle wären begrüßenswert“, hieß es. Um 18 Uhr folgt in ebenfalls Kreuzberg die traditionelle „Revolutionäre 1.Mai-Demonstration“, zu der mehrere linke Gruppen aufrufen.

Zeitgleich versuchen auch die vom Bezirk unterstützten Organisatoren des „Myfest“ bis zu 20 000 Besucher in den Kiez um das Kottbusser Tor zu locken. Auf mehreren Bühnen sollen dort zahlreiche Bands auftreten. „Das Myfest und unsere Demo stehen nicht in Widerspruch zueinander“, sagte Michael Kronawitter, der Anmelder des Aufzugs, der auch durch das Myfest führen soll. Mehr als 5000 Teilnehmer erwartet Kronawitter, der als Hausarzt tätig ist und bei den Abgeordnetenhauswahlen für die WASG kandidierte. Offenbar unterstützen mehrere Geschäfte aus der Oranienstraße die Demonstration. Silke Fischer, die Organisatorin des Myfestes, ist skeptisch: „Wir wissen nicht, was damit bezweckt werden soll.“ Seit 1987 gab es im Anschluss an die revolutionäre Demo Krawalle. Nun habe man Kronawitter zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen, sagte Fischer.

Unterdessen wird sie aus der linken Szene scharf angegriffen. Als SPD-Kreisvorsitzende unterstütze sie den „Abbau des Sozialstaats“. Und beim „Myfest“ handele es sich nicht um ein Fest von und für die Kiezbewohner, sondern um eine vom Bezirk initiierte „Mogelpackung“.

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