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Berlin: Lkw-Demo legte Stadt lahm

Zentrale Straßen gesperrt / Staus auch durch iranischen Staatsgast

Ein mehr als vier Kilometer langer Konvoi aus rund 230 Lastwagen legte am Mittwochvormittag in weiten Teilen der Stadt den Verkehr lahm. Rund 1000 Bauleute und potenzielle Bauherren demonstrierten gegen die geplante Kürzung der Eigenheimzulage. Der Lastwagenkonvoi fuhr von der Flatowallee in Charlottenburg über die in beide Richtungen gesperrte Heerstraße, den Kaiserdamm, die Straße des 17. Juni bis zum Endpunkt am Brandenburger Tor, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Mit der Abfahrt des ersten Lasters um 8.30 Uhr an der Flatowallee wurde auch schon die Heerstraße gesperrt und blieb für etwa eine Stunde zwischen Pichelsdorfer Straße und TheodorHeuss-Platz dicht. Wer nach Spandau wollte, musste am Theodeor-Heuss-Platz den Umweg über die Reichsstraße und die Charlottenburger Chaussee fahren. Autofahrer, die von der Jafféstraße auf die Heerstraße einbiegen wollten, hatten allerdings das Nachsehen: Sie mussten wenden oder warten.

In Zweierreihen schlichen die Lastwagen mit rund zehn Stundenkilometern ihrem Ziel entgegen. Jeweils rund fünf Minuten vor Eintreffen des Konvois sei die Strecke für querende Fahrzeuge gesperrt worden, heißt es bei der Polizei. Fahrzeuge Richtung Westen konnten sowohl die Straße des 17. Juni als auch die Bismarckstraße und den Kaiserdamm benutzen.

Verstärkt wurden diese dann zusätzlich im Bereich Großer Stern und Entlastungsstraße durch den bis jetzt geheim gehaltenen Besuch des iranischen Außenministers Kamal Charrasi. Vom Interconti, wo der als hochgefährdet eingestufte Besucher logiert, fuhren etwa zum selben Zeitpunkt, an dem die Spitze des Demonstrationszuges die Entlastungsstraße erreichte, zwei Fahrzeug-Kolonnen in Richtung Bundeskanzleramt. Eine als Finte, die zweite geleitete den Besucher. Beide Kolonnen fuhren in Gegenrichtung über die Entlastungsstraße. Erst als der Staatsgast vorbei war, durfte der Lkw-Konvoi weiterfahren.

Die Polizei war sicher, für die Großdemonstration des Baugewerbes eine optimale Lösung gefunden zu haben – auch wenn Zehntausende Verkehrsteilnehmer wegen der Staus und Verzögerungen verärgert waren. Der Veranstalter habe sich sehr kooperativ gezeigt, sagte der zuständige Einsatzleiter der Polizei. Noch am vergangenen Donnerstag sei über eine Verlegung der Route über den Spandauer Damm nachgedacht worden. Man habe die Alternative wegen der zu erwartenden schwerwiegenderen Verkehrsbehinderungen aber verworfen. So wären bei dieser Strecken die Zufahrten zum Stadtring an der Spandauer-Damm-Brücke vollständig blockiert worden.

Rein rechtlich habe man keine Handhabe gegen die Art der Demonstration gehabt, hieß es von der Polizei. Mit Hinweis auf das Grundgesetz und das Versammlungsgesetz könne eine solche politische Demonstration nicht untersagt werden. Dabei seien Form und Ort der Demonstration frei wählbar. Lediglich wenn die innere Sicherheit gefährdet ist, bietet das Versammlungsgesetz der Behörde die Möglichkeit, einzugreifen.

Die Behörde musste 1998 eine Schlappe vor dem Oberverwaltungsgericht einstecken. Damals sollte eine Demonstration an einem verkaufsoffenen Adventssonnabend über die Tauentzienstraße und den Kurfürstendamm bis zur Joachimstaler Straße verboten werden. Das Gericht urteilte, dass dem verfassungsrechtlich geschützten Demonstrationsrecht „nur vorübergehende und im Verhältnis dazu hinnehmbare Beeinträchtigungen Dritter“ gegenüber stehen. weso

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