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Berlin: Lob der Subkultur

Der Pariser Autor Boris Grésillon diskutierte über sein Buch

Ein Hauch der intellektuellen Pariser Salons liegt in der Luft, vielleicht sind es der dichte Zigarettenrauch oder die Unterhaltungen, in denen von Zeit zu Zeit ein französischen Wort fällt. Spätestens bei den Getränken setzt sich Deutschland aber durch: Man trinkt Bier. Am Dienstagabend stellte Boris Grésillon im Hebbel am Ufer mit einer Diskussion sein Buch „Kulturmetropole Berlin“ vor. Der gebürtige Pariser hat durch eine Buchrezension im Tagesspiegel erst den Mut gefunden, sein Buch auf Deutsch übersetzen zu lassen. „Für mich ist es immer noch ein Märchen“, sagt er. Seine These: Erst die Subkultur macht Berlin zu einer Kulturmetropole. Fünf Jahre lang interviewte der Geograph Kulturschaffende in Berlin, Paris und anderen Metropolen und ging der Kultur in Berlin, wie Hermann Rudolph im Vorwort sagt, im wörtlichen Sinne nach. Denn Subkultur lebt auch durch Ortswechsel. Der Stadtgeograph untersuchte auch die Architektur, in der eine solche Kultur entsteht und stellte fest: Freiraum ist dabei ebenfalls wörtlich zu nehmen. Über die Ergebnisse seiner Arbeit diskutierte er mit Gerriet Schultz, Betreiber des Clubs WMF und dem Stadtplaner Gilles Duhem.

„Die Subkultur konnte entstehen, weil die Stadt weggeschaut hat“, sagt Gerriet Schultz. Das Projekt WMF begann 1990 mit Hausbesetzungen, und ist mittlerweile zu einer GmbH geworden. „Künstler aus der ganzen Welt kommen nach Berlin, um sich hier zu erholen, weil der Druck hier nicht so hoch ist“, sagt Gilles Duhem. Im Gegensatz zu Städten wie London oder Paris, so der Stadtplaner, wo man sich allein aufgrund der Lebenshaltungskosten schnell behaupten muss, haben die Kreativen in Berlin mehr Zeit, um Dinge auszuprobieren.

Die gut 150 Gäste beteiligten sich rege an der anschließenden Diskussion. Zum Konzert elektronischer Musik mit Sascha Ring vom Label shitkatapult und Vibraphonist David Haller füllte sich das Foyer des Theaters gegen 23.30 Uhr noch mehr. Anschließend legte Miss Kitten auf, die auch Französin ist und eigentlich Caroline heißt. Damit partizipiert der Autor selbst ein Stück an der Berliner Subkultur, der er 2001 so widerwillig den Rücken gekehrt hat. Nach sechs Jahren blieb ihm aber keine andere Wahl. „Ich war schon verbeamtet und musste einen Posten in Frankreich antreten.“ Seit 2001 ist er Dozent für Geographie in Aix-en-Provence und Marseille. cof

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