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Berlin: Lobbyarbeit am Lützowplatz

Das „Hotel Berlin“ wird für neun Millionen Euro renoviert und umgebaut – mit 700 Zimmern ist es das fünftgrößte Hotel in Deutschland

So mancher Taxifahrer steht vor dem Hotel Berlin am Lützowplatz und wartet und wartet und wartet. Doch kein Gast kommt aus dem Haupteingang des Vier-Sterne-Hotels. Und wenn ein Taxi heranrollt und einen Fahrgast abliefert, dann steht der vor einem verschlossenen Portal. Durch die Scheiben sieht er eingerissene Mauern und Gerüste. Das Hotel scheint außer Betrieb. Nur ein kleiner Zettel weist auf eine winzige Nebenpforte. Verkehrte Welt im Hotel Berlin: Der Haupteingang liegt jetzt auf der anderen Seite des Hauses. Dort, wo er schon bei der Eröffnung 1958 war – an der Kurfürstenstraße.

Eigentlich sind die Taxizentralen informiert, dass sich das Hotel vorübergehend gedreht hat. An der Kurfürstenstraße kommt nun auch die alte, viel zu enge, gemütliche Rezeption wieder zu Ehren. Sie ist für großen Andrang gar nicht eingerichtet. Es sieht so aus, als wolle das Hotel seine Gründerzeit beschwören. Aber die hölzerne Rezeption hat bald wohl endgültig ausgedient.

„Eine neue Epoche ist angebrochen, wir werden jünger“, verkündet Marketing-Direktor Hannes Dreher. Altbacken und etwas verstaubt soll das Hotel Berlin nicht mehr wirken. „Es ist in den letzten Jahren etwas vernachlässigt worden“, meint Dreher.

Der Haupteingang im Anbau aus den Achtzigerjahren und seine Lobby mit Bögen im Retro-Look gefielen nicht mehr. „Zu trist“ wirke der Eingang. Nun soll alles sehr modern, weiß und auch nüchtern wirken. Dort, wo jetzt noch unter der Lichtkuppel die „Globe-Bar“ residiert, entsteht ein neues großes Frühstücksrestaurant – als „zentraler Mittelpunkt“. In den oberen Etagen ist ein Großteil der 700 Zimmer bereits mehr oder weniger komplett erneuert worden. Bei laufendem Betrieb, was bei der Größe des Hauses verkraftet werden kann, die Organisatoren aber vor logistische Probleme stellt, weil alles irgendwie verkehrt ist. Ende April sollen alle Arbeiten, auch an der Fassade des denkmalgeschützten „Stammhauses“ an der Kurfürstenstraße, beendet sein.

Die Erneuerungskur – umgebaut und renoviert wird seit vergangenem November nach Plänen des Göteborger Architekten Christian Lundwall – kostet rund neun Millionen Euro.

Vor zwei Jahren sah es noch so aus, als habe für das traditionsreiche Hotel bald das letzte Stündchen geschlagen. Der Insolvenzverwalter zog ins Haus, die „Blue-Band“-Kette, zu der das Hotel gehörte, war pleite. Im vergangenen Februar kaufte dann die Immobiliengruppe Azure aus Luxemburg das Hotel am Lützowplatz und reihte es in die internationale Kette der „Clarion“-Hotels ein.

Das Vier-Sterne-Haus, das in den Nachkriegsjahrzehnten zum Symbol für Gediegenheit geworden war, zum Ort von Familienfesten, soll mehr Gewicht bekommen. Mit seinen Restaurants bei den Berlinern selbst („traditionelle Berliner Spezialitäten bis zu internationaler, gehobener Kochkunst“), natürlich vor allem bei Touristen, Geschäftsleuten, und auf dem Veranstaltungsmarkt, etwa für Kongresse. Es zählt noch zu den fünf größten Hotels Deutschlands. Bei der Eröffnung war es das größte, obwohl es damals nur gut 200 Zimmer hatte. Damals kostete das Doppelzimmer 13,50 Mark – heute zwischen 80 und 240 Euro.

Zweimal wurde das Hotel, zunächst mit 225 Zimmern ausgestattet, erweitert. Ursprünglich sollte es noch in den sechziger Jahren einen 26-stöckigen Anbau bekommen. Erst 1987 wurde der Gebäuderiegel an der Kurfürstenstraße über die Einemstraße bis zum Lützowplatz verlängert. Dort entstand der neue Haupteingang. Die letzte Lücke im Gebäude schloss vor gut zehn Jahren der Gebäudeteil an der Schillstraße. „Wir bauen auf die Zukunft, die Zeiten werden besser“, sagte der damalige Direktor.

Ein verpflichtender Name, die gute Lage und ein Top-Zustand: Darauf setzen die neuen Manager des Hotels. Die Auslastung des Hauses in zentraler Lage beträgt derzeit rund 61 Prozent, was angesichts des enger gewordenen Berliner Hotelmarktes als normal gilt. Große Hoffnungen, dass die Fußballweltmeisterschaft im Sommer komplett das Haus füllen wird, hat Marketingdirektor Hannes Dreher nicht. „Die Erwartungen waren wohl allgemein in Berlin viel zu hoch“, sagt er.

Die hohen Erwartungen der Taxifahrer vor dem Hoteleingang am Lützowplatz dürften sich spätestens Ende März erfüllen. Dann ist die neue Pforte fertig.

Christian van Lessen

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