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Berlin: Locker, lässig, Liebich

Wie sich der junge PDS-Chef bei der Basis durchsetzt

Lächelnd tritt Stefan Liebich am Samstag vor seine Genossen. Wie sonst? Von innerer Anspannung ist jetzt nichts mehr zu spüren als sich der junge Parteivorsitzende der PDS das Mikrofon ausrichtet. In seinem unvermeidlichen Rollkragenpulli stellt sich der frühere FDJ- Aktivist locker der lautstark angekündigten Kritik. Leicht den Delegierten des Parteitages zugeneigt spricht Liebich die Basis an, die gekommen ist, um über ein Jahr Rot-Rot abzustimmen. Und er fordert seine Kritiker heraus.

„Gestattet mir eine sehr persönliche Bemerkung“, stachelt er seine parteiinternen Gegner an. „Ich danke all jenen, die mich nicht nur dringend gebeten haben, neben dem Landesvorsitz auch noch den Fraktionsvorsitz zu übernehmen, sondern die ihre angekündigte Hilfe auch umgesetzt haben.“ Soweit der Dank. „Ich will aber auch nicht verschweigen, dass manche von Parteifreundinnen und -freunden besorgt gestellte Frage ,Ob der Stefan das auch alles schafft?‘ , einen eigenartigen Beigeschmack hatte.“ Manche Frage, meint Liebich, sei wohl eher eine Kritik „an der Politik, für die ich stehe. Das ist erlaubt, darf dann aber auch so gesagt werden“.

Die Nachwuchshoffnung der PDS ist ihr Chef. Wer sonst hätte sich getraut, die im ideologischen Kosmos der marxistischen Theorie gefangenen Parteigenossen zum Streiten auch noch zu tragen? Harald Wolf, der Wirtschaftssenator, ja der stieg am Samstag auch aufs Podium, um die Sparpolitik der Koalition zu verteidigen. Aber Witz und Redegewandtheit hat Wolf mühsam lernen müssen. Petra Pau, Liebichs Vorgängerin im Parteivorsitz, wäre eingefallen, den Konsens zu fordern. Sicher nicht den Streit.

Nicht viele im Saal sind am Samstag jünger als Stefan Liebich. Und ausnahmsweise sagt das einmal nichts über das Durchschnittsalter der Genossen aus. Liebich ist im Dezember gerade 30 Jahre alt geworden. Seine Senatoren sind allesamt über ein Jahrzehnt älter. Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner feiert in zwei Wochen ihren sechzigsten Geburtstag. Aber von Liebich lassen sich die Genossen zügeln. Lauter war der Applaus der Basis an keiner als an dieser Stelle seiner Rede. Die Mehrheit, das war hier schon vor der Abstimmung über den Leitantrag zum Regierungskurs klar, steht auf Seiten Liebichs. 80 Prozent Zustimmung für die Parteilinie zu erhalten, ist in der PDS keine Kunst. Diese Partei auf radikales Sparen in politischer Verantwortung einzuschwören schon eher.

Liebich hatte sich darauf eingestellt, von der Basis angegriffen zu werden. Selbst Rücktrittsforderungen hat der junge Vorsitzende schon einkalkuliert. Lässig aber versprach er dem Parteitag: „Ich werde keine Vertrauensfrage stellen.“ Im Dezember stünden die Wahlen zu beiden Ämtern an. Dann könnte die Partei ja über ihn entscheiden.

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