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Berlin: Lokale Grüße aus München

Wie es der bayerische SPD-Mann Franz Maget mit Berliner Kindl hält

An irgendetwas muss sich der entwurzelte Weltbürger festhalten, zur Not am Bier. Das neue Modewort der Soziologen heißt Glokalisierung und bedeutet, dass die Globalisierung nicht nur zur Vereinheitlichung führt, sondern als Gegenreaktion lokale Eigenheiten stärkt. Bier taugt da gut, sollte man meinen. Kölsch trägt Köln im Namen, Paulaner ist der Himmel der Bayern und Jever friesisch herb. Doch die Sache ist kompliziert: Der belgische Konzern Interbrew etwa baut in München für seine bayerischen Töchter Spaten und Franziskaner eine Brauerei, in der Beck’s (Bremen!) für den italienischen Markt hergestellt werden soll. Und bei der WM 2006 wird – Sponsor Budweiser will es so – zwischen Fröttmaning und Schalke unter tschechischem Namen mit Hopfen aus der Hallertau gebrautes Bier ausgeschenkt.

Da wurde es Zeit, dass jemand auf den Biertisch haut. Das hat jetzt Franz Maget auf einer Pressekonferenz gemacht. Franz wer? Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag. Deutschland müsse man vor „Vergiftung“ mit dem wässrigen Bud aus Amerika beschützen, dass bekanntlich „das schlechteste Bier der Welt“ sei. Viel schlechter als jedes deutsche Bier. Ob das etwa auch für Berliner Kindl gelte, wollten antipreußische Journalisten wissen. Von der Antwort sind verschiedene Versionen überliefert: Maget will „Auch Berliner Kindl“ gesagt haben. Seine Tochter studiere in Berlin, dort habe er sich selbst vom süffigen Geschmack überzeugt. Andere haben „Sogar Berliner Kindl“ gehört. Und so ist das auch bei Stefan Leppin angekommen, Sprecher von Radeberger, Kindls Frankfurter Mutter, die Oetker aus Bielefeld gehört. Dementsprechend erbost ist Leppin: „Ich halte das für einen dümmlichen, unqualifizierten und polemischen Spruch.“ Um Maget vom Gegenteil zu überzeugen, werde er ihm einen Kasten Kindl schicken. Ansonsten verbuche er Magets Äußerungen unter „bayerische Eigenarten“. Eigenarten? Der Weltbürger atmet auf. Wenn das Bier zur lokalen Identitätsstiftung nicht mehr taugt, auf den Regionalcharakter ist Verlass.

Heinrich Geiselberger

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