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Berlin-Lichterfelde: Lokführer stürzt bei voller Fahrt aus dem Zug

Eurocity raste einen Kilometer ohne Fahrer durch Lichterfelde. 41-Jähriger lag tot neben dem Gleisbett

Der Unfall ist rätselhaft. In der Nacht zu Freitag stürzte der Lokführer eines Eurocity in Lichterfelde aus seiner Lokomotive – bei Tempo 120. Der Zug wurde automatisch gestoppt; die Leiche des 41-Jährigen wurde zweieinhalb Stunden später gefunden.

Nach Polizeiangaben könnte der Lokführer beim Urinieren aus dem Zug gefallen sein – die Deutsche Bahn wies dies jedoch als ausgeschlossen zurück. Für einen Suizid spreche hingegen nichts, hieß es. Der in Erkner wohnende Mann habe noch am Donnerstag mit seiner Ehefrau telefoniert, diese habe nichts Auffälliges bemerkt.

Der Zug wurde von einer Automatik zwangsgebremst und kam dicht vor dem Bahnhof Lichterfelde Ost auf freier Strecke zum Stehen. Ein Lokführer muss alle 30 Sekunden die Taste der sogenannten Sicherheitsfahrschaltung drücken. Überschreitet er die 30 Sekunden, leuchtet 2,5 Sekunden eine Lampe, weitere 2,5 Sekunden tönt eine Hupe. Danach wird der Zug mit voller Bremsleistung zwangsgestoppt. So auch am Freitagabend: Zwischen dem gestoppten Zug und dem Fundort der Leiche lag knapp ein Kilometer. Ein zweiter Mann war nicht an Bord. Nach eineinhalb Stunden konnten die 85 Fahrgäste schließlich über spezielle Bühnen in einen auf dem Nachbargleis haltenden ICE umsteigen.

Der Eurocity 170 war um 11 Uhr in Budapest gestartet, gegen 20.30 Uhr hatte der 41-jährige Lokführer in Dresden den Zug von seinem tschechischen Kollegen übernommen. Zu dieser Zeit hatte der Zug 90 Minuten Verspätung. Endstation des Zuges ist Gesundbrunnen, der Zug hatte zum Zeitpunkt des Unglücks also nur noch wenige Minuten Fahrt vor sich.

Um 21.33 Uhr war den Kontrolleuren in der Leitstelle der Bahn aufgefallen, dass etwas nicht stimmte. Auf dem Computer sahen sie, dass die Signale grün waren, der Zug sich aber nicht mehr bewegte. Per Funk versuchten sie den Lokführer zu erreichen. Als dieser sich nicht meldete, wurde der Schaffner des Zuges gebeten, vorn nachzusehen. Als dieser die E-Lok der Baureihe 101 leer und mit offener Tür vorfand, wurde die Bundespolizei alarmiert. Diese suchte den Mann, schließlich hätte er auch weggelaufen sein können. Doch gegen 1 Uhr früh wurde seine Leiche in einem Graben an der Stadtgrenze gefunden.

Dem Vernehmen nach war die Uniformhose des Mannes heruntergezogen, jedoch war der Reißverschluss geschlossen. Eine Toilette befindet sich nicht in Lokomotiven. Ein Problem war das bislang nicht. „Lokführer haben dafür einen Rhythmus“, hieß es bei der Bahn. Unvorstellbar sei, dass man in Toiletten-Not bei Tempo 120 die Tür öffne. Die Kripo ermittelt.

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