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Gastkommentar: Lust auf die Fusion

Frei nach Fontane: Berlin und Brandenburg – am Mute hängt der Erfolg. Warum sollen Berliner und Brandenburger nicht eine gemeinsame Identität finden?

Nach dem Scheitern der Volksabstimmung zur Länderfusion im Mai 1996 sah es jahrelang so aus, als gäbe es auf Dauer nur noch eine punktuelle Zusammenarbeit beider Länder. Allenfalls in Feiertagsreden wurde die gemeinsame Metropolenregion noch als Zukunftsmodell hochgehalten. Berlin-Brandenburg war in die Mühlen des politischen Alltags geraten. Auch deswegen ist für die Bürger die Zusammenarbeit bisher vor allem eins – wenig erlebbar.

Aber warum soll hier nicht gelingen, was anderswo geht? Dass Bürger jenseits ihrer landsmannschaftlichen Verbundenheiten auf ihr (gemeinsames) Bundesland stolz sind, muss keine Utopie sein. Wenn Franken und Bayern stolz über ihr Land sagen „Mir san mir“, warum sollen nicht auch Berliner und Brandenburger mit ihrer gemeinsamen Geschichte eine gemeinsame Identität finden?

Die Chancen für einen neuen Schwung in der Debatte stehen gut. Seit es in der brandenburgischen SPD Stimmen gibt, die Bemühungen um Berlin-Brandenburg zu beleben, ist das Thema wieder in den politischen und medialen Fokus gerückt. Die SPD in Brandenburg und Berlin wollen gemeinsam Vorschläge erarbeiten.

Im Sinne von Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck, die Menschen nicht mit neuen Fusionsterminen zu nerven, sondern als jüngere Generation konkrete Vorschläge zu machen, schlagen wir vor, die neue positive Stimmung zu nutzen und erste Schritte zu unternehmen. Nach unserer Ansicht bedarf es einer Bündelung der Kräfte und Identität stiftender Signale. Ein solches Signal wäre es, wenn es einen Ansprechpartner und eine gemeinsame Abteilung beider Landesregierungen für alle Belange der Metropolenregion gäbe, die alle Aktivitäten in der Metropolenregion koordiniert und Vorschläge für ein weiteres Zusammenwachsen erarbeitet.

Doch gemeinsames Verwalten reicht nicht, um die Menschen für die Idee eines gemeinsamen Landes zu begeistern. Dazu müssen wir Verbindendes schaffen, das über die Zusammenarbeit der Verwaltungen hinausgeht. Die Europäische Integration wäre ein Misserfolg gewesen, wenn sie nur auf der institutionellen Ebene stattgefunden hätte. Stattdessen haben der Wille zum Frieden, die Begegnungen der europäischen Völker – beispielsweise über Jugend-Austauschprogramme oder auch gemeinsame Auszeichnungen – die europäische Idee befördert. Genau hier kann ein Ansatz für Berlin-Brandenburg liegen.

Jugendwettbewerbe wie „Jugend musiziert“, „Jugend trainiert für Olympia“ und andere Schülerwettbewerbe könnten zukünftig statt in beiden Länder in Berlin-Brandenburg gemeinsam durchgeführt werden. Das schafft Möglichkeiten der Begegnung. Auch bei einer anderen Idee könnte Europa Pate sein. Der Aachener Karlspreis wird alljährlich für Verdienste um die Europäische Einigung vergeben. Beide Landesregierungen könnten gemeinsam einen Preis ausloben, den sie jährlich an Personen vergeben, die sich besonders um das Zusammenwachsen der beiden Länder verdient machen.

Wer gemeinsam feiert, lernt sich besser kennen – dieser Idee folgten schon die Alliierten in West-Berlin, zum Beispiel mit dem 2010 zum 50. Mal stattfindenden deutsch-amerikanischen Volksfest. Auch ein Berlin-Brandenburger Freundschaftsfest könnte dazu beitragen, die scheinbare Distanz zwischen Stadt und Umland abzubauen. Das Umfeld des neuen Willy-Brandt-Flughafens wäre für ein solches Fest ideal. Nichts symbolisiert derzeit die gemeinsame Region besser als der im brandenburgischen Schönefeld liegende Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg International.

Sicher ist nur: Wenn wir nicht ernsthaft beginnen, neue Wege für Berlin-Brandenburg zu gehen, dann wird auch der neue Schwung bald wieder erlahmen. Eine breite Debatte und Engagement für Berlin-Brandenburg ist nötig, um die Lust auf ein gemeinsames Bundesland zu steigern.

Björn Böhning (rechts) ist Mitglied des Berliner SPD-Landesvorstandes und Mike Schubert Vorsitzender der SPD Potsdam

Björn Böhning, Mike Schubert

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