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Wachsfigur Hitler

© AFP

Madame Tussauds: Weltprominenz in Wachs

Aller Aufregung im Vorfeld zum Trotz: Die Firma Madame Tussauds eröffnet Unter den Linden ihr erstes Berliner Wachsfigurenkabinett - mit Hitler. Doch es gibt Regeln bezüglich dieser umstrittenen Figur. Eine Vorbesichtigung.

Einige Vorschriften für die Besucher der neuen Berliner Madame-Tussauds-Schau scheinen unvermeidlich: Das Berühren der Adolf-Hitler-Figur etwa ist strengstens verboten. Auch ein Foto mit dem modellierten NS-Führer ist nicht gestattet. Wohl keine andere der 75 Wachsfiguren sorgte bereits im Vorfeld für solche Aufregung. Daher gaben sich die Ausstellungsmacher bei der Vorbesichtigung alle Mühe, die Ausstellung zu versachlichen. Am Samstag soll die Schau am Boulevard Unter den Linden in Berlin-Mitte eröffnet werden.

Managerin Susanne Keller erklärte, eine Umfrage vor der Erarbeitung der Ausstellung habe ergeben, dass die gesamte deutsche und deutschsprachige Geschichte gezeigt werden soll. Dazu gehöre Hitler nunmal. Immerhin sei die Ausstellung ganz gezielt unpolitisch. Dass Foto- und Kontaktverbot mit der Hitler-Figur ist ihren Angaben zufolge eine Vorgabe vom Londoner Zentralmanagement.

Nebenan sitzt Karl Marx

Auch am als Minibunker gestalteten Hitler-Kabinett wird nochmals gemahnt: "Bitte beachten Sie, dass aus Rücksicht auf die anderen Besucher und aus Respekt gegenüber den Millionen von Menschen, die während des Zweiten Weltkrieges umgekommen sind, das Berühren und Fotografieren der Figur von Adolf Hitler sowie das Posieren mit ihm in diesem Sonderfall zu untersagt ist." In dieser Reihenfolge und mit Grammatikfehler. Die Wände des Bunkers zieren englischsprachige Schlachtpläne des Zweiten Weltkrieges.

Doch der Figur des NS-Herrschers haben die Organisatoren auch deren Widerpart gegenübergestellt. Eine Station vor Hitler schaut Sophie Scholl versonnen aus einem stilisierten Kerkerfenster. Darin erscheinen nach und nach Fotos der Mitglieder der Widerstandsorganisation Weiße Rose. An den Wänden ringsum schlängeln sich gemalter Stacheldraht und gemalte weiße Rosen. Nebenan sitzt Karl Marx.

Pummelige Romy Schneider

Auftritte haben auch die Großen der deutschen Nachkriegsgeschichte: Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, steht dort unverhofft schlank und mit Goldrandbrille neben dem ersten Kanzler der Bonner Republik, Konrad Adenauer. Helmut Schmidt posiert vor einer Berliner-Mauer-Wand. Daran wiederum lehnt Walter Ulbricht, zu Beginn des Mauerbaus DDR-Staatsratsvorsitzender. Auf einer Schautafel ist sein legendärer Satz des Sommers 1961 "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen" gedruckt. Hinter dem Rücken kreuzt der Wachs-Ulbricht derweil die Finger. Ein täuschend echt wirkender Erich Honecker, der Ulbricht 1971 als Parteichef ablöste, guckt zu.

Weniger echt wirkt dagegen Romy Schneider, die auch im Wachsfigurenkabinett das Sissi-Image nicht los wird. Ebenso nicht jedermanns Sache dürfte die Interpretation der Figur der Schauspielerin Marlene Dietrich sein. Ihr erst in Hollywood durch die Arbeit mit Regisseur Josef von Sternberg populär gewordenes Gesicht muss in der Madame-Tussauds-Variante für eine Szene aus dem Ufa-Klassiker "Der Blaue Engel" herhalten - eine Rolle, in der sie bewusst billig, pummelig und so gar nicht mondän agierte.

Jauch wirkt täuschend echt

Etwas weiter in der Schau steht die Couch des Dr. Sigmund Freud. Der Psychiater und Wegbereiter der Psychoanalyse sitzt in einer kleinen, bescheiden wirkenden Praxisstube. Eine Abteilung weiter hält das Abbild von Talkshowmoderator Thomas Gottschalk seine Couch der ganz anderen Art parat. Der Besucher ist in der Gegenwart des Fernsehens und seiner allgegenwärtigen Promis angekommen. Völlig authentisch wirkt Gottschalks Kollege Günther Jauch. Wer mag, darf sich im nachgestellten Ratestudio ihm gegenüber setzen und süffisant anschauen lassen. Die Jauch-Figur bildet den Höhepunkt der Modellierkunst, so täuschend echt wirkt sie.

Das Handwerk kann in einer eigenen Schauwerkstatt innerhalb der Ausstellungsräume begutachtet werden. Dort sieht der Besucher, wie aus einem Gesichtsabdruck Herbert Grönemeyers Konterfei entsteht oder wie Hautteint und Haare auf Wachs aufgebracht werden.

Torsten Hilscher[ddp]

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