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Update

Mai-Blog: Was bei den Demos und Feiern geschah

Myfest mit Autonomen und Hells Angels: Es war ein zuweilen bizarrer, aber vergleichsweise friedlicher Abend des 1. Mai. Auseinandersetzungen gibt es trotzdem. Die Ereignisse in unserem Mai-Blog.

23:34 Uhr: Die Polizei geht für die Nacht von einer „Guerillataktik“ der Autonomen aus: Kleinere Aktionen einzelner Gruppen statt massiver Ausschreitungen.

23:15 Uhr: Polizisten entdecken Brandsätze an zwei in der Wiener Ecke Glogauer Straße in Kreuzberg abgestellten Fahrzeugen. Einer der Brandsätze war entzündet und wird von den eingesetzten Beamten gelöscht. Die Fahrzeuge werden nicht beschädigt.

22:58 Uhr: Am späten Abend versammelten sich nach dem Ende der Demo noch einmal Gruppen von Autonomen am Kottbusser Tor. Die Polizei trat ihnen massiv entgegen. Prompt flogen Böller auf die Beamten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.
Mehrere Personen mussten behandelt werden.

22:03 Uhr: Dass die Scheiben mehrerer Banken eingeworfen wurden, bezeichnete der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele als „Schönheitsfehler“. Hinsichtlich der zerstörten Scheiben bei der genossenschaftlich organisierten Volksbank fügte er hinzu, hier sei der Vorwurf, diese hätte die Finanzkrise mit verursacht, "inhaltlich überhaupt nicht nachvollziehbar". Nach Ströbeles Einschätzung war die Mai-Demonstration diesmal „ruhiger und friedlicher“ als in den vergangenen Jahren.

21:48 Uhr: Am Kottbusser Tor versammelt sich der harte Kern der Demonstration - begleitet von zahlreichen Polizisten.

21:18 Uhr: In offizieller Funktion sind die Hells Angels laut Polizei nicht im Einsatz. Allerdings sei ein Freund der Rocker Mitglied einer Band, die auf der Bühne am Oranienplatz aufgetreten sei, heißt es bei der Polizei.

21:10 Uhr: Das Myfest geht weiter, die Oranienstraße ist immer noch gut gefüllt. Die Menschen tanzen auf der Straße. Völlig entspannt verrichtet ein knappes Dutzend Hells Angels an der Bühne am Oranienplatz Ordnerdienste. Um sie herum hat sich die Menge allerdings mehr oder weniger aufgelöst.

21:08 Uhr: Rund 10000 Menschen haben an der Demo teilgenommen. Im Moment strömen die Menschen vom Hermannplatz weg. Wohin, ist nicht wirklich klar. Aber es ist davon auszugehen, dass viele über Umwegen wieder Richtung Myfest strömen werden. Die Polizei hat seit 20:15 Uhr den U-Bahnhalt Hermannplatz sowohl für die U8 als auch für die U7 gesperrt. Die Polizei berichtet von einzelnen Auseinandersetzungen nach Auflösung der Demonstration. Steine und Flaschen sollen geworfen worden sein. Es kam zu einzelnen Festnahmen

20:57 Uhr: Drei Wasserwerfer und ein Räumpanzer stehen bereit. Die Polizei fordert die Demoteilnehmer auf, den Platz zu verlassen. Viele folgen den Anweisungen.

20:50 Uhr: Belagerungszustand am Hermannplatz. Auch die zweite Demo ist nun vorbei. Die Polizei hat den Hermannplatz abgeriegelt und eine Kohorte Wasserwerfer steht parat. Die Demoteilnehmer können den Platz nur Richtung Neukölln verlassen. Böller werden gezündet.

20:36 Uhr: Die erste Demo ist beendet. Allerdings hat es spontan eine zweite Anmeldung gegeben, so dass nun eine neue Demo mit denselben Teilnehmern unterwegs Richtung Hermannplatz ist.

20:35 Uhr: Der Demo-Veranstalter hat am Rathaus Neukölln das Handtuch geworfen, nachdem auch noch Steine auf Polizeiwagen geworfen wurden. Ursprünglich sollte der Aufzug bis zum Kreuzberger Südstern führen. Als Grund führte der Veranstalter in einer Durchsage „massive Polizeiübergriffe“ auf Teilnehmer der Demonstration an. Laut der Nachrichtenagentur dapd berichten die Demo-Veranstalter auch von "teils schweren Verletzungen".

20:28 Uhr: Der Zug kommt nur schleppend voran und alles deutet darauf hin, dass das Ziel Südstern gar nicht mehr erreicht wird. Der Polizei wäre es lieber, dass der Zug regulär zu Ende geht.

20:10 Uhr: Der Zug befindet sich auf Höhe des Rathaus Neukölln. Und aus der Spitze des Schwarzen Blocks wurden erste Personen festgenommen.

20:00 Uhr: Die revolutionäre "18-Uhr-Demo" wurde an der Werbellinstraße Ecke Karl-Marx-Straße von der Polizei erst einmal gestoppt. Auch Polizeipräsident Dieter Glietsch machte sich schon ein Bild von der Lage.

19:50 Uhr: Auch an der Hermannstraße wurden Glasscheiben einer Bank eingeworfen. Und die Mitarbeiter müssen gewusst haben, was auf sie zukommt. Denn an der Hausfront hängt ein Schild mit der Aufschrift: "Wegen Servicearbeiten wird dieser Bereich ab 1. Mai geschlossen sein."

19:40 Uhr: Die Fensterscheiben einer Volksbank an der Fuldaerstraße Ecke Karl-Marx-Straße sind zu Bruch gegangen.

19:00 Uhr: Mit fast einer Stunde Verspätung hatte sich der Zug in Bewegung gesetzt. Die Polizei ist mit einem starken Aufgebot vor Ort und hat vor allem jenes Eckhaus gut gesichert, von dem im vergangenen Jahr ein Feuerlöscher geworfen wurde. Für den größten Diskussionsstoff sorgt derzeit aber nicht unbedingt die Demo selbst, sondern die Vorgänge am Oranienplatz. Dort haben sich vierzig bis fünfzig Hells Angels vor der Hauptbühne versammelt. Was genau die Rocker dort machen, ist nicht ganz klar. Dem Eindruck nach bewachen sie die Bühne. Schon einmal sind Hells Angels als Wachschutz aufgetreten: Beim "23 Nisan Internationales Kinderfest" vor einem Jahr. In diesem Jahr waren sie dort nicht mehr zu sehen. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) sagte dem Tagesspiegel: "Von Hells Angels ist mir nichts bekannt, ich gehe davon aus, dass die Bühne wie im Vorjahr von türkischen Jugendlichen aus dem Kiez bewacht wird." An der Bühne am Oranienplatz selbst hängt ein Mottoplakat: "Wunder statt Wahlkampf. Sex macht Spaß Frau Künast."

15:00 Uhr: Auf dem „Myfest“ in Berlin- Kreuzberg versammelten sich am Sonntagnachmittag mehrere zehntausend Menschen. Darunter mischten sich zwar auch einige hundert Autonome. Allerdings blieb es bis zum frühen Abend ruhig. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zog bereits eine erste positive Bilanz. „Das ist der friedlichste 1. Mai, den ich je erlebt habe“, sagte Körting, der seit zehn Jahren im Amt ist, dem Tagesspiegel. Fast 7000 Polizisten seien im Einsatz. Die Angebote aus anderen Bundesländern von einigen Hundertschaften habe man gerne in Anspruch genommen. Sorgen bereiteten ihm nicht die großen Demonstrationen. Er könne aber nicht ausschließen, dass kleinere Gruppen überraschend randalierten, daher müsse man für einen flexiblen Einsatz gerüstet sein. Dies sei durch das starke Polizeiaufgebot der Fall. Rund 1000 Menschen sind Schätzungen zufolge bei der "18-Uhr-Demo" dabei. Auf Plakaten ist die Rede vom "Tag des Zorns" und der "Sozialen Revolution". Aber auch Sachen wie: "Das Baugewerbe freut's bestimmt, wenn die Stadt heut' Schaden nimmt." Vorne mit dabei ist die ehemalige RAF-Terroristin Inge Vieth: Sie sitzt in einem der Führungsfahrzeuge.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag, der Walpurgisnacht, gab es kaum größere Ausschreitungen. Die Polizei sprach am Sonntagmorgen gegenüber dem Tagesspiegel von einer „verhältnismäßig ruhigen Walpurgisnacht“. Bis zum Morgen wurden insgesamt 58 Personen vorübergehend festgenommen und 13 Platzverweise ausgesprochen. Gegen die Randalierer wird wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt.

Zehntausende Menschen waren den ganzen Tag über auf den Straßen der Stadt unterwegs, um am Tag der Arbeit bei strahlendem Sonnenschein, aber eher kühlen Temperaturen, zu feiern, zu demonstrieren und zu diskutieren. Weit über 10 000 Menschen kamen allein zum Kreuzberger Myfest und ließen sich auch von etwa 100 autonomen Störern nicht aus der Feierstimmung bringen. An Ständen wurden Getränke, Köfte oder Grillwürstchen angeboten. Das Myfest hat inzwischen eine kleine Tradition: 2003 wurde es erstmals als Antwort auf das alljährliche Krawallritual am 1. Mai von Bürgerinitiativen, Anwohnern und Gewerbetreibenden veranstaltet.

Der Mariannenplatz und die Straßen drumherum waren auch dieses Mal wieder gut gefüllt – so sehr, dass die Autonomen kaum Bewegungsspielraum hatten. Nach einer gemeinsamen Runde über den Platz zog der Pulk am späten Nachmittag weiter zur „revolutionären“ Mai-Demo, die nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch andauerte. Mit Ausnahme von bis zu 100 Beamten der Anti-Konfliktteams – erkennbar an gelben Westen – war zunächst keine uniformierte Polizei zu sehen. Dennoch war der Mariannenplatz fest in Polizeihand, denn Dutzende zivile Einsatzkräfte hatten sich unter die Feiernden gemischt, vor allem als Begleitung für den Tross der Autonomen. Uniformierte Hundertschaften hatten sich zudem in umliegende Hinterhöfe zurückgezogen.

Anderswo wurde der Tag der Arbeit bei einer friedlichen Demo begangen: In Schöneberg und Mitte zogen am Sonntag 6000 Gewerkschafter vom DGB-Haus zum Brandenburger Tor.

Der Sonnabend als erster Tag der linksradikalen Mai-Aktionen war gut ausgegangen:  Die Flaschenwürfe in der Walpurgisnacht hatten sich an zwei Händen abzählen lassen, die „Feuer“ bestanden lediglich aus angezündeten Plastikbierbechern. Dass es so außergewöhnlich friedlich blieb, hatte mehrere Gründe: Der wichtigste war die sichtbare Polizeipräsenz vor allem bei der „Wir bleiben alle“-Demo durch Mitte und dann bei der „Antikapitalistischen Walpurgisnacht“ in Friedrichshain. Die Polizisten zeigten nicht nur Präsenz, sondern auch Stärke: Der Helm baumelte schon am sonnigen Nachmittag am Gürtel, an kritischen Punkten parkten Wasserwerfer und Räumfahrzeuge gut sichtbar.

6800 Polizisten bot Innensenator Ehrhart Körting für das Wochenende auf; das sind fast so viele wie 2010 – doch damals hatte es noch eine Neonazidemo in Prenzlauer Berg mit den entsprechenden Gegenprotesten gegeben. „Aktionen von Gewalttätern konnte die Polizei eng begrenzen und schnell unterbinden“ – so lobte das Polizeipräsidium am Mittag des 1. Mai die eigene Arbeit.

Dass 58 Personen festgenommen wurden ist kein Indiz für viel Randale, sondern ein Zeichen dafür, dass die Polizei konsequent einschritt. Fast jeder Flaschenwerfer konnte festgenommen werden, weil genügend Beamte da waren. Früher konnten sich die Randalierer in der Masse ausleben, dies gelang nicht. 1200 zählte die Polizei auf der Demo gegen Mietsteigerungen und Verdrängung, die an einem Vorabend des 1. Mai in dieser Form Premiere feierte. Als die Demo nach 90 Minuten den U-Bahnhof Eberswalder Straße erreichte, zerstreute sich die Menge ohne auch nur einmal die Auseinandersetzung mit der Polizei zu suchen. Doch wohl auch wegen des eiskalten Windes zog es die meisten Protestler in Kneipen.

Im Mauerpark, wie üblich nur ohne Flaschen und Dosen zu betreten, verloren sich – über den ganzen Tag addiert – nach offizieller Zählung 1500 Menschen. Überwiegend waren es Familien aus der Nachbarschaft. Viele der Feiernden, wie auch viele Anwohner, wunderten sich über den lauten Polizeihubschrauber, der über dem ruhigen Pankower Hinterland am Himmel stand. Ein Polizeiführer erklärte das so: „Von dort kann er genauso beobachten, als wenn er direkt über dem Rosenthaler Platz steht.“ Für die dort demonstrierenden Autonomen war der Helikopter so unsichtbar. Die Hubschrauber haben Kameras an Bord, die gestochen scharfe Bilder selbst aus großer Entfernung direkt in die Lagezentrale übertragen. Derselbe Hubschrauber hatte auch die Bewegungen in Friedrichshain im Blick. Ab dem frühen Nachmittag hatten dort überwiegend Punks gefeiert – streng kontrolliert und größtenteils friedlich.

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