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Mann sprang von Bord: Dampfer-Kapitän wehrt sich gegen Vorwürfe

Der Ausflugsdampfer, von dem am Sonntag ein Mann in die Spree sprang um ein Kind zu retten, fuhr einfach weiter. Eine unterlassene Hilfeleistung sieht der Kapitän darin nicht.

Der Kapitän des Ausflugsdampfers, von dem aus ein Passagier in die Spree gesprungen war und ein Kleinkind gerettet hatte, wehrt sich gegen den Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung. Der zweijährige Junge war am Sonntag vom Ufer ins elf Grad kalte Wasser gefallen. Der Spandauer Arzt Nils Leege zog das Kind aus dem Wasser, nachdem er kurz vor der Lutherbrücke nahe dem Schloss Bellevue beherzt von Bord gesprungen war.

Der Retter des Jungen kritisierte, dass der Dampfer „Schöneberg“ weitergefahren sei. Das „Touristenprogramm wurde fortgesetzt, als ob nichts passiert wäre“, berichtet der Hals-Nasen-Ohrenarzt. Und das, obwohl er eine Kellnerin gebeten habe, den Kapitän zu informieren, damit dieser anhalte.

Schiffsführer Torsten Schrepffer sagt nun dem Tagesspiegel: „Ich habe das Kind weder am Ufer noch im Wasser gesehen. Auch wusste ich nicht, dass ein Gast in die Spree gesprungen ist.“ Er habe auf den Fluss achten müssen. Als ihn die Kellnerin über das Kind informierte, sei er schon an der Lutherbrücke gewesen, wo er habe aufpassen müssen, das Bauwerk nicht zu rammen. „Ich habe gestoppt und sofort einen Funkspruch abgesetzt“, sagt Schrepffer. Eine andere Schiffsbesatzung habe ihm mitgeteilt, dass das Kind gerettet worden sei. Dann habe er die Tour ordnungsgemäß fortgesetzt.

Der Schiffsführer gilt als erfahrener Kapitän, seit mehr als zehn Jahren ist er im Dienst, seit sieben Jahren steuert er die „Schöneberg“. Lutz Freise, Chef der zuständigen Reederei Riedel, sagt, es sei schwer vorstellbar, dass niemand den Kapitän davon informiert habe, dass ein Gast über Bord gesprungen sei. „Wenn er das Schiff nicht angehalten hat, obwohl er mittlerweile wusste, dass ein Passagier über Bord gegangen ist, müsste das disziplinarische Konsequenzen haben“, sagt Freise. Kapitän Schrepffer sei bisher aber beanstandungsfrei gefahren. Nun müsse herausgefunden werden, ob es ein Lücke in der Informationskette gegeben habe.

Der jetzige Stand sei aber, dass der Kapitän tatsächlich nicht wusste, dass jemand vom Schiff gesprungen war. Das habe er erst nach der Tour von der Wasserschutzpolizei erfahren. Gegen Schrepffer wird wegen Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung ermittelt. Neue Erkenntnisse gebe es dazu derzeit nicht, hieß es am Dienstag bei der Polizei.

Nils Leege war einer von 70 Passagieren, die zu einer dreieinhalbstündigen Tour mit der „Schöneberg“ unterwegs waren. Seine Frau und Schwiegermutter seien bis zum Ende an Bord geblieben, berichtet Leege. Die Frauen hätten nicht ausdrücklich gefordert, die Fahrt zu stoppen. Offenbar haben viele Passagiere gedacht, dass schon jemand anderes den Kapitän informiert habe, weshalb sie – wie auch Leeges Angehörige – nicht persönlich Bescheid sagten.

Reeder Freise traf sich gestern mit der Mannschaft der „Schöneberg“ und ließ sich von den Ereignissen berichten. Zudem habe er von Mitarbeitern eine Skizze gefordert und eine Reisegruppe per Mail um Schilderungen gebeten, sagte er.

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