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Berlin: Marathon macht der Stadt Beine

Heute gehen 41 000 Sportler auf die 42-Kilometer-Strecke, gestern starteten mehr als 11 000 beim Frühstückslauf

Von Annette Kögel

Über 41 000 Läufer, Skater, Rollstuhlfahrer und Geher aus 90 Nationen und mehr als 800 000 Zuschauer verwandeln die Stadt heute in eine riesige Sportarena. Damit gehen so viele Teilnehmer wie nie auf die 42,195 Kilometer lange Strecke vom Start am Charlottenburger Tor bis zum Ziel an der Passauer Straße. Damit die Läufer freie Bahn haben, werden über 900 Polizisten Straßen und Kreuzungen sperren. Während die BVG mehr U-Bahn-Waggons auf die Gleise schickt und Züge häufiger fahren lässt, schränkt die S-Bahn ihr Angebot wegen Bauarbeiten ein. Wer nicht auf die Öffentlichen oder das Fahrrad umsteigt, dem empfiehlt die Polizei heute eine ganz besondere Umleitungsroute: die Berliner Stadtautobahn.

Der Marathon kommt – das war schon gestern überall in die Stadt zu spüren. Im Mövenpick Marché am Breitscheidplatz brachten gestern zahlreiche Läufer ihren Kohlehydrate-Pegel mit Spaghettiportionen auf Lauflevel. „Mehr Pasta, mehr Getränke, mehr Obst als sonst“ standen nach Auskunft eines Mitarbeiters auf der Einkaufsliste. Am Marathon-Tag mache man im Restaurant rund 20 Prozent mehr Umsatz als üblich. Mit guten Geschäften dank des nach London und Chicago drittgrößten Marathons der Welt rechnen auch Hoteliers und Taxifahrer in Berlin: 100 000 Touristen werden Schätzungen zufolge rund 65 Millionen Euro ausgeben.

Doch der Langstreckenlauf – offiziell heißt er nach dem Titelsponsoren „real.-Berlin-Marathon“ – ist aber nicht in erster Linie ein wirtschaftliches Ereignis. Profiathleten wie Frauen-Vorjahressiegerin Naoko Takahashi hoffen auf neue Bestleistungen und mit ihr die Medienvertreter aus der Heimat: Allein Japan schickt 100 Journalisten nach Berlin. Die vielen Amateure mit Wikingerkäppi und Karnevals-Outfit haben Monate lang trainiert, den inneren Schweinehund zu überwinden. Mit den 7223 Schülern beim Mini-Marathon sind es insgesamt sogar 48 599 Teilnehmer.

Glücksgefühle bei den Teilnehmern, und jede Menge Lebensfreude auch am Rande, dort, wo Schaulustige sowie 60 Bands und Trommeltruppen auch noch den Letzten im Feld einheizen wollen. Warm machen konnten sich die Ersten bereits gestern morgen beim Frühstückslauf – dieser führte aber nur über sechs Kilometer. Über 11 000 trabten mitsamt Trillern und Tuten, Flaggen und Transparenten vom Schloss Charlottenburg zum Olympiastadion.

Insgesamt 4791 Berlinerinnen und Berliner gehen heute auf die Strecke, 9694 ausländische Starter, und 6473 Athleten sind zum ersten Mal dabei. Andere wiederum können es nicht mehr lassen. 988 Menschen aus dem In- und Ausland gehören zum „Berlin-Marathon Jubilee-Club“ mit 10 Teilnahmen und mehr. An der Spitze liegt dabei die Startnummer 201: Bernd Hübner lief schon 28 Mal mit, ist auf der Internetseite der „SCC-Running Events GmbH“ ( www.berlin-marathon.com ) nachzulesen. Da dürfen diverse Devotionalien nicht fehlen: Den „Jubilee-Pin“ aus der Club-Kollektion können Langläufer schon für vier Euro haben, der langärmelige Laufanzug für jedermann aus dem Souvenir-Shop kostet 92 Euro. Den könnte man hinterher gebrauchen, es soll bewölkt, aber trocken werden.

Wer am heutigen Sonntag anderes vor hat als mit dem Auto an der Strecke im Stau zu stehen, sollte sich Streckenplan und Sperrungen genauer zu Gemüte führen. Die Straße des 17. Juni zwischen Ernst-Reuter-Platz und Bachstraße ist bereits seit gestern um sechs Uhr gesperrt. Rund ums Ziel zwischen Nürnberger Straße und An der Urania geht seit Sonnabend, 12 Uhr, nichts mehr – und der Kurfürstendamm ist heute zwischen Olivaer Platz und Wittenbergplatz von 7 bis 15.30 Uhr nur für Sportler und Zuschauer frei. Die BVG lässt die Linien 1 und 2 sowie 5 bis 9 mit größtmöglichen Zuglängen verkehren; U 1 und U 2 fahren im Fünf-Minuten-Takt.

Bei Straßenbahnen und Bussen hingegen ist mit Einschränkungen zu rechnen – wie bei der S-Bahn. Zum Bahnhof Tiergarten fahren nur alle zehn Minuten Züge aus Richtung Zoo. Wer aus den Ostbezirken kommt, muss Friedrichstraße erst den Zug wechseln und am Lehrter Bahnhof in einen Bus umsteigen – viele werden das nicht wissen und womöglich zu spät am Start erscheinen. Renitente Autofahrer werden indes zur Kasse gebeten: Vergangenes Jahr mussten 900 Fahrzeuge aus Halteverbotszonen abgeschleppt werden – dann ist man mit 158 Euro dabei.

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