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Berlin: Marzahn baut Park für grüne Technologie

Im Osten entsteht Berlins größtes Industrieviertel Senator Müller: „Adlershof brauchte 20 Jahre“.

Berlin - Manchmal genügt für den ersten Spatenstich ein Knopfdruck. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) brachte damit gestern immerhin einen 40 Meter hohen Schornstein an der Bitterfelder Straße in Marzahn-Hellersdorf zum Einsturz, nachdem der Sprengmeister mit drei Fanfarenstößen das Signal dazu gegeben hatte. Vom 40 Meter hohen Bauwerk blieb nur noch ein Schuttberg übrig. Die an 30 Stellen angebrachten Sprengladungen zerlegten den Schornstein in unzählige Einzelteile. In den kommenden drei Jahren werden auf dem 90 Hektar großen Areal des einstigen Klärwerks Falkenberg noch viele Sprengkommandos ertönen. Denn der Ort, an dem zwischen 1968 und 2003 die Abwässer zehntausender Einwohner gesammelt und gereinigt wurden, wandelt sich zum „künftig größten Berliner Industriegebiet“, wie der Senator stolz verkündete.

Bis 2015 sollen sich im „Clean Tech Business Park“ ganz unterschiedliche Unternehmen ansiedeln können. Sie haben eine Voraussetzung zu erfüllen: Ihre Produkte müssen sich mit erneuerbaren Energien beschäftigen. Schließlich erfolgt die 42 Millionen Euro teure Erschließung des Gewerbegebiets mit öffentlichen Fördermitteln. 90 Prozent steuert das Land Berlin bei, den Rest gibt der Bezirk. Als die Idee zu diesem Gebiet vor drei Jahren geboren wurde, hatten die Wirtschaftsförderer vor allem die Solarindustrie im Blick. Da aber die fernöstliche Konkurrenz die heimischen Produzenten fast völlig erdrückt hat, schaute sich der Bezirk in anderen Branchen um.

„Wir werben jetzt um Firmen der Windkraft, der Biokraftstoffe, des Recyclings oder der Elektromobilität“, sagt Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff. „Konkret gibt es Interessen von Unternehmen für Spezialgase und für große Batterien.“ Nach seiner Rechnung bestünde Platz für 3000 Arbeitsplätze. Zu den Vorzügen zählte er die Grundstücksangebote, den Abstand zu den Wohngebieten und die gute Verkehrsanbindung ins Zentrum.

Senator Müller sagte, Berlin brauche für die nächsten Jahrzehnte solche großen zusammenhängenden Entwicklungsgebiete. „Ich sehe da keine Konkurrenz zum künftig nicht mehr gebrauchten Flughafen Tegel, zu den Arealen in Buch oder in Adlershof“, sagte Müller. „Wir müssen in der Wirtschaft einfach in größeren Dimensionen denken. Auch Adlershof hat 20 Jahre gebraucht, um sich zu entwickeln.“

Zunächst aber haben die Abrisskommandos das Sagen auf dem zur Hälfte den Berliner Wasserbetrieben und dem Land Berlin gehörenden Gelände. Verschwinden werden nicht nur die großen Klärschlammbehälter direkt an der Bitterfelder Straße, die bis vor zehn Jahren noch oft einen beißenden Gestank verbreiteten. Auch das Geflecht aus Abwasserbecken, in denen seit der Stilllegung Schilf und andere Pflanzen gedeihen, gehört bald der Vergangenheit an. Dann erinnert nichts mehr an die Zeit des einst für die großen Wohngebiete in Marzahn und Hohenschönhausen gebauten Klärwerks Falkenberg. Die Abwässer von heute werden längst unterirdisch nach Brandenburg gepumpt – zu den Klärwerken Schönerlinde im Norden oder Waßmannsdorf im Süden. Claus-Dieter Steyer

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