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Berlin: Mauergrundstücke: 35 Verfahren noch offen

Die städtebaulichen Wunden verheilen langsam Aber die Zeit der Teilung ist noch immer präsent

Sie hat am 13. August 1961 aus einer Stadt zwei gemacht. Fast 30 Jahre lang trennte die Mauer Berlin in zwei Teile, riss Familien auseinander, schnitt Straßen ab, Schienen und Flüsse. An den exakten Verlauf der Mauer erinnern sich nur noch wenige und doch beschäftigen die Folgen der Teilung auch heute noch Ämter, Gerichte, Stadtplaner und Wissenschaftler. Eine vorläufige Bilanz.

Der Mauerstreifen. Das Bollwerk aus Beton und Stacheldraht zog eine rund 43 Kilometer lange Schneise durch die Stadt. Sie erstreckte sich über 1500 Grundstücke auf dem Mauerstreifen. Die damals enteigneten Besitzer konnten nach der Wiedervereinigung ihr Land für 25 Prozent des Baupreises zurückkaufen oder mit 75 Prozent des Verkehrswertes entschädigt werden. Laut Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gibt es offene Verfahren für insgesamt 30 Grundstücke in Pankow, Mitte und Treptow. Oft handelt es sich dabei um nur einige Quadratmeter große Flurstücke. Hinzu kommen nach Angaben der Senatsfinanzverwaltung fünf Grundstücke in Mitte, Friedrichshain und Spandau. Derweil kämpft die „Interessengemeinschaft Berliner Mauergrundstücke“ weiterhin für eine kostenlose Rückgabe der Grundstücke – allen gerichtlichen Niederlagen zum Trotz. „Derzeit liegt eine Beschwerde wegen Befangenheit eines Bundesrichters beim Bundesverfassungsgericht vor“, sagt Vorstand Joachim Hildebrandt.

Die Todesopfer. Die genaue Zahl steht bis heute nicht fest. Nach Rechnungen der „Arbeitsgemeinschaft 13. August“ starben an der Berliner Mauer 285 Menschen, andere Studien sprechen von 227. Nach neuesten Erkenntnissen des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam hingegen verloren hier 125 Menschen ihr Leben. Die Wissenschaftler hatten sich für ihr Forschungsprojekt durch die Akten der Berliner Staatsanwaltschaft gearbeitet. Die Papiere sind in einem großen Lager am Westhafen untergebracht.

Die Justiz. „Typisch deutsch“ nennt Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) den Versuch, das „gesamte staatliche Handeln der DDR“ rechtlich aufzuarbeiten. Rund 23 000 Ermittlungsverfahren bearbeiteten die Berliner Staatsanwälte, in lediglich 2,6 Prozent der Fälle kam es tatsächlich zu einer Anklage. Wegen der Mauertoten wurden insgesamt 130 Menschen rechtskräftig verurteilt. Zehn der Angeklagten mussten sich als frühere Mitglieder der politischen Führung verantworten, 38 als Mitglieder der militärischen Führung, 80 als Grenzsoldaten. Schuberts ernüchterndes Fazit zur juristischen Aufarbeitung des SED-Unrechts: „Sie hat nicht zur Befriedung von Opfern und Tätern geführt – wie das etwa die Wahrheitskommission in Südafrika geschafft hat.“

Der Verkehr. Die Mauer trennte 192 Straßen (97 in Berlin und 95 zwischen der DDR und West-Berlin), 32 Eisenbahnlinien, drei Autobahnen. Ihren letzten Lückenschluss feierte die S-Bahn im vergangenen Jahr mit der Streckenverlängerung von Lichterfelde Süd bis Teltow. Seit der Wiedervereinigung wurden für über drei Millionen Euro 16 S-Bahn-Verbindungen wieder hergestellt. Die BVG verlängerte unter anderem die U 1 bis Warschauer Brücke und baute die U 2 aus. Außerdem kehrte die Straßenbahn auf zwei Strecken in den Westteil zurück, aus dem sie 1967 verschwunden war: auf der Osloer Straße und auf der Bernauer Straße in Wedding.

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