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Berlin: Metalldiebe machen auch vorm Friedhof nicht halt

Unbekannte Täter beschädigten Grab des Tagesspiegel-Mitbegründers. Deliktzahl hat sich in wenigen Jahren vervielfacht

Das heruntergekommene Gebäude mit den zerborstenen Fenstern am Dahlemer Weg in Zehlendorf bot den Männern eine „gute Tatgelegenheit“, wie es im Polizeideutsch heißt: Am Sonntagabend schlichen sich die Diebe in die ehemalige Ausbildungsstätte, stahlen Kabel und luden damit den gesamten Kofferraum ihres Autos voll. Abgesehen hatten es die 20 und 22 Jahre alten Männer auf das Kupfer in den Kabeln. Polizeibeamte bemerkten den Diebstahl und nahmen die beiden Täter vorläufig fest. Auf rund 500 Euro schätzt die Polizei den Kupferwert der gestohlenen Kabel.

Kupferkabel, Aluminiumteile und Metallschrott werden als Beute immer beliebter. Bundesweit verzeichnen die Polizeien der Bundesländer einen Anstieg beim Buntmetalldiebstahl. Die Täter nehmen alles mit, was sich beim Schrotthändler zu Geld machen lässt. Doch nicht nur Baustellen, Bahnanlagen, stillgelegte Industrieanlagen oder Kraftwerke suchen sich die Täter aus, um an die begehrte Beute zu gelangen. Auch vor Friedhöfen machen die Diebesbanden nicht halt. Sie ziehen hier von Grabstelle zu Grabstelle, um die Lettern aus den Steinen herauszuschlagen. Auch die Witwe des Tagesspiegel-Mitgründers Walther Karsch entdeckte kürzlich, dass am Grabstein ihres verstorbenen Mannes auf dem Waldfriedhof in Zehlendorf die Kupferinschrift abgeschlagen worden war: Es ist der Leitspruch des Tagesspiegels „Rerum cognoscere causas“ (den Dingen auf den Grund gehen).

Allein in Brandenburg hat sich die Zahl der Delikte von 1999 bis zum Jahr 2006 mehr als verdreifacht: 1374 Straftaten wurden im vorigen Jahr gezählt. Die Polizei beziffert die Höhe des Schadens auf 3,1 Millionen Euro. Und auch die Bundespolizei, die unter anderem zuständig ist für Bahngleise und -anlagen verzeichnete im vergangenen Jahr einen „signifikanten Anstieg“ auf 2500 Buntmetall-Diebstähle. Den Grund für den ausufernden Schrott-Klau fasst der brandenburgische LKA-Sprecher Toralf Reinhardt so zusammen: „Indien und China kaufen Unmengen von Altmetall auf dem Weltmarkt. Dadurch sind die Preise hier massiv angestiegen.“

Um den Schrott- und Metalljägern besser auf die Spur zu kommen, wurde eine Gemeinsame Ermittlungsgruppe (GEG) von Landeskriminalbeamten aus Berlin und Brandenburg gegründet. Im Frühjahr gelang es den Sonderermittlern, eine Bande von Buntmetalldieben zu zerschlagen. Sie ermittelten elf mutmaßliche Täter, alles Deutsche, darunter zwei Frauen. Bisher konnten 11 Tatverdächtige, darunter zwei Frauen, im Alter von 18 bis 62 Jahren festgenommen werden. Sie sollen nahe der Stadt Brandenburg mehrere Tausend Meter Starkstrom-Kupferkabel gestohlen haben. Der Schaden wird auf über 40 000 Euro geschätzt wird.

Mehrheitlich kämen die bisher gefassten Buntmetall-Diebe aus Deutschland, aber auch aus Polen und dem ehemaligen Jugoslawien, sagt LKA-Sprecher Reinhardt. Der Großteil der Beute werde über Zwischenhändler in Deutschland weiterverkauft.

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