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Migranten: Probleme auf Dauer

Jeder zweite Türke in Berlin ist arbeitslos, geht aus einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung hervor. Erklärungen dafür gibt es viele.

Die Eltern kamen zum Arbeiten nach Deutschland, ihre Kinder scheitern schon in der Schule: Die Bildungsmisere der Migranten trifft speziell Türken. Das geht wie berichtet aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Drei von vier Türken machen in Berlin keinen Schulabschluss, jeder zweite im erwerbsfähigen Alter hat keine Arbeit. Das Geld vom Staat reicht auch so, denn laut Studie entsprechen die Einkünfte einer Familie mit zwei Kindern nach Hartz IV dem Einkommen eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers mit zehn Euro Stundenlohn. Das DIW unterstellte manchen Türken auch, gar nicht arbeitswillig zu sein.

Das bezeichnete Hilmi Kaya Turan, arbeitsmarktpolitischer Sprecher beim Türkischen Bund, gestern als „Unverschämtheit“. Viele Schüler seien deshalb unmotiviert und frustriert, weil sie wüssten, dass sie nach der Schule ohnehin kaum eine Perspektive hätten. „Türkische Bewerber um eine Lehrstelle werden gezielt aussortiert“, sagte Turan. Er verwies auf Studien, wonach Kinder von Einwanderern selbst mit guten Abschlüssen viel seltener eine Lehrstelle fänden als Deutsche. Turans Aussage wird gestützt von einer Schrift der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem vergangenen Herbst, wonach sich Migrationshintergrund negativ auf die Erfolgsaussichten von Bewerbern auswirkt – unabhängig vom Schulerfolg.

Die Grünen-Politikerin Bilkay Öney nimmt diese Probleme ernst, sieht aber auch die andere Seite: „Die Migranten müssen sich mehr anstrengen“, sagt sie. Diese beklagten stets ihren geringen Status in der Gesellschaft, aber: „Anerkennung muss man sich verdienen. Wenn man ungebildet ist und am Rand der Gesellschaft steht, verdient man keine Anerkennung. Das ist in allen Ländern so.“ Der Staat schaffe die Möglichkeiten, aber nutzen müssten die Leute sie schon selbst.

„Die Bildungsangebote für Migranten umfassen ein dickes Buch“, sagt Kenneth Frisse, Sprecher der Bildungsverwaltung. Allerdings dauere es im Bildungswesen immer Jahre, bis man Effekte sehe. Sehr erfolgreich seien derzeit Mütterkurse. Rund 6000 ausländische Mütter würden pro Jahr parallel zu ihren Kindern unterrichtet.

Das Thema Benachteiligung bei der Lehrstellensuche kennt die Industrie- und Handelskammer (IHK) nicht. Wohl aber ein anderes: Viel zu wenig ausländische Betriebe bildeten aus. Von den 230 000 Berliner Firmen gehörten knapp zehn Prozent Einwanderern, unter den 6000 Ausbildungsbetrieben seien es aber nur drei Prozent, so IHK-Sprecher Holger Lunau.

Der CDU-Politiker Kurt Wansner warf dem Senat Versagen vor. Er will verpflichtende Sprachkurse für alle Migranten, die kein Deutsch können – auch wenn sie schon lange hier leben. 

Fatina Keilani

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