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Berlin: Milliardenhilfe aus Brüssel soll die Stadt voranbringen

EU überweist Geld für Wirtschaft, Verkehr, Umweltschutz und Bildung Senat beschließt Vergabe der Mittel bis 2013

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Etwa 1,2 Milliarden Euro erhält Berlin bis 2013 von der Europäischen Union. Davon werden beispielsweise zwei große Brücken über die Spree gebaut – in Kreuzberg und in Köpenick. Für die öffentlichen Bibliotheken kann neue Computertechnik angeschafft werden und Projekte, die arbeitslosen Jugendlichen helfen, profitieren von dem Geld. Aber der Großteil der Finanzhilfen kommt der privaten Wirtschaft und der kommerziellen Forschung und Entwicklung zugute. Dafür stehen über 600 Millionen Euro bereit.

Der Senat beschloss gestern, wie der Geldsegen aus den Fördertöpfen der sogenannten Strukturfondsmittel über die Stadt verteilt werden soll: In die Stadtentwicklung und den Umweltschutz fließen weitere 255 Millionen Euro. Und der Europäische Sozialfonds stellt zusätzlich 335 Millionen Euro zur Verfügung. Projekte zur Integration von Migranten werden aus dieser Quelle bis 2013 bevorzugt gefördert. Dem Senat bietet sich diesmal ein ungewohntes Bild. Während es in den vergangenen Jahren schwierig war, genügend sinnvolle Vorhaben für die EU-Förderung zu finden, übersteigt die Nachfrage jetzt das Angebot.

Das liege an der guten Konjunktur, außerdem seien die Fördermöglichkeiten inzwischen besser bekannt, sagte gestern Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch. Mehr als früher sollen ausgewählte, für Berlin besonders vielversprechende Branchen unterstützt werden. Dazu gehören die Kommunikations-, Medien- und Kulturwirtschaft, Biotechnologie und Medizintechnik, die Verkehrssystemtechnik und optische Technologien. Noch sei die Berliner Wirtschaft dem internationalen Wettbewerb, trotz guter Entwicklung im Einzelnen, nicht gewachsen, wird die Lage senatsintern eingeschätzt. Die Innovationsfähigkeit und die Qualifizierung der Mitarbeiter lasse auch zu wünschen übrig. „Die ökonomischen, sozialen und ökologischen Probleme, insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit und deren Folgen, konzentrieren sich geballt in bestimmten Teilen der Stadt.“

Mithilfe der EU-Gelder will der Senat gegensteuern. Mit Existenzgründerprogrammen, mit Darlehen für besonders kreative Mittelständler, mit Hilfen für Stadtteilinitiativen – und erstmals mit einem Kulturinvestitionsprogramm, „das wir hoffentlich bei der EU-Kommission durchkriegen“, so Strauch. Denn die Kulturförderung à la Brüssel ist neu, und die Grünen haben den Senat schon aufgefordert, die geplante Förderung (17 Millionen Euro) zu verdoppeln.

Mit dem Geld aus den Sozialfonds werden beispielsweise die Ausbildung von Forschungsassistenten in Betrieben, Gründungswerkstätten, Frauen- und Weiterbildungsprojekte oder das Europäische Jahr für Jugendliche finanziert. Aber auch die Integration entlassener Straftäter wird aus Brüssel mitfinanziert. Der Senat hofft, dass die EU-Kommission dem neuen Gesamtprogramm bis zum 9. Mai – dem Europatag – zustimmt. Eine andere Hürde wurde schon überwunden. Denn die 1,2 Milliarden Euro aus Brüssel sind nur die halbe Miete. Der Bund und das Land Berlin müssen die restlichen 50 Prozent der Förderung selbst beisteuern. „Eine schwierige Übung, aber die Kofinanzierung steht“, versicherte Staatssekretär Strauch. Jedenfalls bis 2010, weiter reicht die Finanzplanung des Senats noch nicht.

Zum ersten Mal helfen übrigens private Investoren, die nötigen Landesmittel zu mobilisieren. Sie steuern 100 Millionen Euro aus eigener Tasche bei. Unternehmen, aber auch Kulturmäzene, Fördervereine und Stiftungen haben an dieser besonderen Form der Public-Private-Partnership teil. Das ist eine große Hilfe, denn bis 2013 stehen etwa 100 Millionen Euro weniger Mittel für Berlin zur Verfügung als in der vergangenen Förderperiode, die Ende 2006 ausgelaufen ist. Außerdem wird der Ostteil der Stadt nicht mehr bevorzugt behandelt. Fördertechnisch gesehen ist Berlin zum ersten Mal eine Stadt.

Teilweise unterstützend, teils kritisch haben sich vor allem die Grünen in die Debatte um die EU-Förderung eingemischt. Sie fordern mehr Geld für die Kultur und den Umweltschutz. Um den CO2-Ausstoß zu verringern, Flächen zu entsiegeln und energiesparende, leise Fahrzeuge zu entwickeln. Die Wissenschafts- und Hochschulstandorte, die Weiterbildung arbeitsloser Jugendlicher und die Migranten müssten von den Geldern aus Europa stärker profitieren.

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