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Berlin: Millionen verheizt auf dem DDR-Funkareal

Immer mehr Hinweise auf Missmanagement

Auf dem zum Spottpreis verkauften DDR-Rundfunkgelände in Köpenick hat offenbar gravierende Misswirtschaft geherrscht. Das geht aus einer „Kosten- und Erlösübersicht“ hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Sie weist für das Jahr 2002 einen Verlust von fast 1,5 Millionen Euro aus. Dieses Loch mussten Berlin und die neuen Länder als gemeinsame Eigentümer stopfen – vermutlich nicht nur in dem betreffenden Jahr, sondern seit Mitte der 90er bis zum Verkauf im November 2005.

Fragen wirft insbesondere der Abrechnungsposten „Telefon“ auf: Er ist auf der Ausgabenseite mit knapp 59 000 Euro vermerkt. Auf der Einnahmeseite stehen allerdings nur knapp 11 000 Euro, die die Mieter des riesigen Geländes am Ufer der Spree gezahlt hatten. Wie das Minus von 48 000 Euro zustande kam, ließ sich zunächst nicht klären. Der damalige Objektmanager war für eine Stellungnahme gestern nicht erreichbar. Und die „Neue Länder Grundstücksverwertung und Verwaltung“ (NLG), die das Gelände seit 1992 verwaltete, wurde vor zwei Jahren liquidiert. Als Nachfolger übernahm im Frühjahr 2004 die landeseigene Immobiliengesellschaft von Sachsen-Anhalt (Limsa) die Regie über das Areal. Die Limsa war es auch, die das gesamte Gelände für nur 350 000 Euro an einen Spekulanten verkaufte, der einen Teil davon inzwischen mit Millionengewinn weiterverkauft hat. Den Billigverkauf rechtfertigte die Limsa stets mit dem Handlungsdruck wegen der hohen Betriebskosten.

Doch in der Nalepastraße war nicht nur die Telefonrechnung teuer: Wartung und Pflege schlagen mit 504 000 Euro zu Buche, die Bewachung mit 232 000 Euro. Von den 87 000 Euro Stromkosten kamen über die Mieter kaum 31 000 wieder herein, bei der Heizung waren es sogar nur 17 000 von 356 000 Euro. Ein Großteil dieses Schwundes kam zustande, weil die NLG auch leer stehende Gebäudeteile heizen ließ. Die Telefonrechnung lässt sich so aber nicht erklären. Ein vom Tagesspiegel befragter Mieter des Geländes erklärte gestern, die Telefonkosten seien zentral aufgelaufen und erst im Nachhinein von einer NLG-Mitarbeiterin anhand der Apparatnummern den einzelnen Mietern zugeordnet worden.

Obskur scheinen auch die Machtverhältnisse: Formal war nach der NLG- Pleite die Limsa für Verkaufsverhandlungen verantwortlich. Jedoch liegt dem Tagesspiegel eine „Provisionsvereinbarung“ vor, die ein früherer – nicht zum Zuge gekommener – Kaufinteressent mit dem Chef-Hauswart sowie einem auf dem Gelände ansässigen Bauunternehmer geschlossen hat. Laut der Vereinbarung stehen dem Chef-Hauswart und dem Bauunternehmer zusammen 250 000 Euro „für die Lieferung des Verkaufsobjektes“ zu. Beide erklärten übereinstimmend, sie hätten die Provision mit Wissen des Objektmanagers vereinbart – weil sie ihm die Kaufinteressenten vermittelt hätten.

Bei dem Bauunternehmer handelt es sich um denselben, der kurz vor dem Billigverkauf bereits eine „Verwertungsvereinbarung“ mit dem späteren Käufer geschlossen hatte. Auf Basis dieser Vereinbarung lässt der Berliner Senat zurzeit die Rückabwicklung des Geschäfts prüfen. Außerdem hat er die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

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