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Berlin: Millionenerbin ums Vermögen gebracht

Vier Jahre Haft für früheren Antiquitätenhändler Er hatte Darlehen erschlichen und Bilder verhökert

Malerei ist nicht sein Metier. Rainer K. kennt sich besser aus mit antiken Möbeln. Er verhandelte auch nicht lange, als er ein Kunstwerk nach dem anderen von der Wand nahm und verhökerte. Es waren nicht seine Wände und nicht seine Bilder. Als angeblicher Vertrauter bestahl und betrog er eine Millionenerbin, die allein und erkrankt in einer riesigen Villa in Grunewald lebte. Vor dem Landgericht saß er am Montag fahl und mit schwacher Stimme. Natürlich tue es ihm leid, sagte der einstige Antiquitätenhändler. Viel aber sprach er nicht über die Frau, die er bis an den finanziellen Ruin brachte. Das Landgericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von vier Jahren.

Bereits die vergangenen sechs Wochen hatte der 72-jährige K. in einer Zelle verbracht – zur Sicherung des Prozesses. Seine Schulden nämlich sind immens hoch und eine Wohnung hat er nicht mehr. Mittellos war er bereits im März 2007, als er laut Anklage begann, sich große Teile des beachtlichen Vermögens von Claudia L. (Name geändert) unter den Nagel zu reißen. Erst erschlich er sieben Darlehen in Höhe von 63 000 Euro. Dann vergriff er sich an der Kunst, die im Hause gesammelt wurde.

Ein Holzschnitt aus dem Kosmos der „Brücke-Kunst“ wurde seine erste Beute. K. gaukelte der nach dem Tod ihrer Eltern offensichtlich überforderten Frau vor, dass er Ernst Ludwig Kirchners „Unterhaltung von drei Frauen“ während ihrer Urlaubsreise mitnehmen und vor möglichen Dieben schützen wolle. Er aber verwahrte das Werk aus dem Jahr 1907 nicht sicher, sondern gab es als Sicherheit für ein Darlehen an eine Kunsthändlerin und die verkaufte es Wochen später für 120 000 Euro. Für andere Kunstdiebstähle in der reichlich bestückten Villa nutzte er seine Schlüsselgewalt.

Fünf Bilder von Max Pechstein (1881 – 1955) stahl der Antiquitätenhändler. Ein Werk versetzte er für 2500 Euro, für ein Stillleben strich er 80 000 Euro ein. Die Käuferin aber verkaufte es später für 220 000 Euro. Rainer K. scherte sich nicht darum. Er kam immer häufiger mit Gemälden an, denn im Oktober 2008 gab ihm Claudia L. eine Generalvollmacht – „im tiefen Vertrauen darauf, dass er sich unter Beachtung ihrer persönlichen Belange um ihre finanziellen Belange kümmern werde“, hieß es in der Anklage. 19 weitere Bilder machte er zu Geld, das er in eigene Geschäfte steckte.

Die 52-jährige Erbin aber leidet unter psychischen Problemen. Als sie Rainer K. die Vollmacht unterschrieb, war sie „mit Sicherheit geschäftsunfähig“, sagte ein Rechtsanwalt, der ihr jetzt als amtlicher Betreuer zur Seite steht. Er hat dafür gesorgt, dass es zum Strafverfahren gegen K. kam. Und es läuft ein Rechtsstreit um die Villa, die K. laut Anklage unter Wert verkaufte. War Claudia L. nicht geschäftsfähig, sind die Verträge nichtig.

Rainer K. sprach von einem Nachlass-Geschäft, das ihn angeblich in die Misere führte. Mit einer Kollegin wollte er mit antiken Raritäten aus England Gewinne machen. Doch er habe immer wieder Geld vorschießen müssen. Er gab die Vorwürfe im Zusammenhang mit Bildern und Darlehen zu, schien sich aber als Opfer zu fühlen. K.G.

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