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Schläge statt Therapie: Wegen der Missstände in den Haasenburg-Heimen müssen diese nun zum 20. Dezember schließen.

© dpa

Misshandlungsvorwürfe: Brandenburg droht im Haasenburg-Skandal ein Rückschlag

Bildungsministerin Martina Münch (SPD) muss befürchten, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) die von ihr wegen der Misshandlungsvorwürfe veranlasste Schließung der drei brandenburgischen Haasenburg-Heime wieder aufhebt.

Zwar hatte in der ersten Instanz das Cottbuser Verwaltungsgericht den Eilantrag des privaten Heimbetreibers gegen den Entzug der Betriebserlaubnis durch Münch abgelehnt. Doch nach dieser Zeitung vorliegenden Prozessunterlagen sieht es in dem OVG-Verfahren jetzt schlecht für das Bildungsministerium aus: Das OVG will Anfang des zweiten Quartals eine Entscheidung treffen. Für Dienstag, den 18. März, hat das gemeinsame Obergericht beider Länder in dem Fall zu einem „nichtöffentlichen Erörterungstermin“ geladen. Anders als in Cottbus rückt nun ins Zentrum, dass die externe Expertenkommission für die Aufklärung des Haasenburg-Skandals zwar schwere Missstände in den Heimen gerügt, aber selbst ausdrücklich keine Schließung empfohlen und keine aktuelle Kindeswohlgefährdung festgestellt hatte. Die muss aber nachweisbar sein, um eine Schließung zu rechtfertigen. Münch, die wegen des Skandals unter Druck stand, war damals nach Abstimmung in der Landesregierung über das Votum hinausgegangen und argumentiert mit einer „latenten“ Kindeswohlgefährdung in den Haasenburg-Heimen. Der Bescheid sei „willkürlich, aus politischen Motiven erlassen“, argumentieren nun die Haasenburg-Anwälte. Bei dem Bescheid gehe es „um Ministerwohl“, nicht um Kindeswohl.

Jahrelang hatte es Übergriffe gegeben in Jugendheimen

Für das OVG-Verfahren hat die Haasenburg Akten des Ministeriums ausgewertet und wurde fündig. Danach hat die Fachabteilung Münchs vor Erlass des Bescheides explizit gewarnt, dass „der Bescheid nach allen Feststellungen und auch angesichts der Ergebnisse der Untersuchungskommission rechtswidrig und schadenersatzbegründend“ sei, heißt es in einem Schreiben der Haasenburg-Anwälte vom 14. Februar 2014 an das OVG unter Verweis auf diverse Akten. Der Sachbearbeiter habe deshalb vor Erlass der rechtswidrigen Schließung eine „hausinterne Anweisung“ verlangt. Nach Tagesspiegel-Informationen handelt es sich dabei um den früheren Jugendabteilungsleiter Andreas H., den Münch am 28. Februar plötzlich und ohne Angabe von Gründen zum 1. März 2014 ins Wissenschaftsministerium zwangsversetzte. Die Personalie war ein Grund, weshalb die Belegschaft des Ministeriums gegen Münch und ihren Staatssekretär Burkhardt Jungkamp auf die Barrikaden gegangen war.

Der Haasenburg-Skandal hatte letztes Jahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. In den drei brandenburgischen Heimen, in denen zu Hochzeiten rund 140 Kinder und Jugendliche aus der ganzen Bundesrepublik untergebracht waren, hatte es jahrelang Übergriffe gegeben. Bei der Cottbuser Staatsanwaltschaft laufen immer noch rund 70 Verfahren. Schon bevor Münch die Heime schloss, hatten Jugendämter aus ganz Deutschland ihre Schützlinge zurückgezogen, nachdem Anfang November eine externe Expertenkommission ihren Untersuchungsbericht veröffentlichte. Sie rügte unter anderem, dass schon das Konzept darauf angelegt war, Schützlinge zu brechen.

Als Münch im Februar 2014 Konsequenzen verkündete, etwa eine Aufstockung der Heimaufsicht, hatte sie sich demonstrativ bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen entschuldigt, „dass wir sie wir sie nicht besser haben schützen können“. Eine Geste, die ihr Respekt einbrachte. Die Haasenburg weist – ohne näher auf den Untersuchungsbericht einzugehen – erneut alle Misshandlungsvorwürfe zurück. Nach dem Schriftsatz lief in den brandenburgischen Heimen angeblich alles korrekt ab, es gab keine systematischen Übergriffe.

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