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Berlin: Mit Biss

Zeynep Kahraman kam vor sechs Jahren nach Berlin Sie holte schnell auf und hat jetzt eine Ausbildung

„Es muss passen“ – ist die Devise von Birgit Feldt, wenn sie Jugendliche als Auszubildende einstellt. Bei Zeynep Kahraman passte es. Sie wird im nächsten Monat ihre Ausbildung bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau beginnen. Die 21-jährige Türkin hat die Ausbildungsleiterin des Unternehmens so überzeugt, dass sie auch ohne Abitur zur Immobilienkauffrau ausgebildet werden kann. Es war die einzige Bewerbung, die sie losgeschickt hatte.

So viel Glück wie Zeynep Kahraman haben nur wenige Schulabgänger ausländischer Herkunft. Trotz Aufschwungs sind die Lehrstellen knapp – und Jugendliche aus Migrantenfamilien haben es dabei um ein Vielfaches schwerer als ihre deutschen Altersgenossen. Nur fünf Prozent der derzeitigen Lehrlinge sind nicht-deutscher Herkunft. Ende des vergangenen Monats waren in Berlin noch rund 15 000 Jugendliche auf der Suche; aber gerade im Juli werden die meisten Ausbildungsverträge unterschrieben.

Im Rahmen eines Integrationsprojekts hat sich die Gesobau im vergangenen Jahr dazu entschlossen, auch vermehrt Migranten auszubilden, sagt Sprecher Matthias Gaenzer. In manchen Gegenden hätten rund 40 Prozent der Gesobau-Mieter nicht-deutsche Wurzeln; das sollte sich dann auch in der Belegschaft niederschlagen. Über den Verein Kumulus, der Berufs- und Ausbildungsberatung für junge Ausländer anbietet, wurde im vergangenen Jahr erstmals eine junge Türkin als Immobilienkauffrau-Azubi eingestellt.

Auch Zeynep Kahraman kam über Kumulus zum Unternehmen. Bei einer anderen Türkin waren die Noten nicht gut genug für eine Immobilienkauffrau-Lehre. Aber Ausbildungsleiterin Feldt war der Meinung, dass die junge Frau gut ins Unternehmen passt. Man bot ihr wie auch einer Schulabgängerin, deren Familie aus dem Kosovo stammt, eine Ausbildung als Fachkraft für Dialogmarketing an – ein neuer Ausbildungsberuf für eine Tätigkeit im Callcenter. Insgesamt beginnen jetzt 21 Schulabgänger ihre Ausbildung bei der Gesobau, die rund 42 000 Wohnungen vor allem im Norden Berlins hat.

„Wir bekommen aber so gut wie keine Bewerbungen von jungen Migranten“, sagt Feldt. Viele würden sich gar nicht bewerben, da sie sich ohnehin keine Chancen ausrechnen, dort unterkommen zu können. Laut Ausbildungsberater Cengiz Gömüsay von Kumulus ist es jedoch gerade wichtig, dass Migranten auch in anspruchsvollen Ausbildungsberufen wie Immobilienkaufmann oder Rechtsanwalts- und Notargehilfin Fuß fassen: „Friseurinnen haben wir schon genügend.“

Zeynep Kahraman kam erst vor knapp sechs Jahren aus Istanbul nach Berlin. Der Vater, der als Koch in einem türkischen Imbiss arbeitete, holte seine Familie nach. Die 15-Jährige lernte erst an der Volkshochschule Deutsch, dann machte sie ihren Hauptschulabschluss nach und anschließend in einem Abendlehrgang den mittleren Schulabschluss. Sie ist ehrgeizig. Vielleicht wird Zeynep es nicht nur bei der dreijährigen Ausbildung belassen. Sie könnte sich durchaus vorstellen, noch das Abitur nachzumachen und anschließend zu studieren. Auch Gesobau-Ausbildungsleiterin Feldt hält es für möglich: „Wir würden das fördern.“ Es wird schon passen. Sigrid Kneist

Infos im Netz über Kumulus:

www.aub-berlin.de/kumulus

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