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Berlin: Mit einem Schuss ins Glück

Von Tanja Buntrock, Thomas Loy und Viola Volland „Finale, Finale“, das hatten die Fans vor dem Sony-Center zwar schon vorher gesungen, aber nach dem 1 : 0 bebten die Kehlen. Zigtausende Berliner fieberten vor den Bildschirmen mit der deutschen Elf im WM-Halbfinale gegen Südkorea, auch im koreanischen Samsung-Werk in Köpenick.

Von Tanja Buntrock, Thomas Loy und Viola Volland

„Finale, Finale“, das hatten die Fans vor dem Sony-Center zwar schon vorher gesungen, aber nach dem 1 : 0 bebten die Kehlen. Zigtausende Berliner fieberten vor den Bildschirmen mit der deutschen Elf im WM-Halbfinale gegen Südkorea, auch im koreanischen Samsung-Werk in Köpenick. Nach dem Spiel zogen mehrere tausend Fußball-Begeisterte zum Kurfürstendamm, den die Polizei für Autos gesperrt hatte. Ganz Berlin war Balla-Ballack.

Das Sony-Center ist schon eine Stunde vor Spielbeginn abgesperrt. Drinnen probt das Fußballvolk die Stadionatmosphäre mit „Schalala-Lala“ und „Hey, Hey, Hey", berauscht von den eigenen Bildern auf der Großleinwand. Die Brezeln sind ausverkauft, dafür gibt es noch genug Bier. Nach den ersten Spiel-Minuten wird es im Sony-Stadion bedeutend ruhiger. Nur Oliver Kahn wird bei jedem Ballkontakt gefeiert.

André Küller hat sich die Haare schwarz-rot-gold gefärbt und steht mit seinen Freunden von der Bertolt-Brecht-Gesamtschule in Spandau schon seit halb neun in der ersten Reihe, direkt vor den Kamerateams. Die Schule musste heute ohne sie auskommen. Mit seinem Tipp – Kopfballtor von Klose in der 76. Spielminute zum 1: 0 – lag er nicht schlecht. Ballack traf in der 75. Minute. Ansonsten hofft André, dass die Türkei gegen Brasilien verliert. Ein Finale Deutschland-Türkei im Sony-Center haben ihm seine Eltern schon verboten – zu gefährlich.

Eine kleine Truppe Koreaner macht in den hinteren Zuschauerreihen Folklore für die Heimat – mit Trommeln, Messingdeckeln und Gesängen: „Dae-Han-Min-Guk“, das heißt einfach Südkorea, erklärt Lee Sang Ho, Wirtschaftsstudent. Und weil man höflich ist, wird parallel zur koreanischen Fahne auch eine deutsche Flagge geschwenkt.

Zur Halbzeit sinken die Spandauer Fans um André auf den Boden. Nach sechs Stunden Stehen werden die Knie weich. André ist überrascht von der Stärke der Koreaner, aber noch ist nichts verloren.

Eine halbe Stunde vor Anpfiff versammeln sich 20 koreanische und viele deutsche Arbeiter im Köpenicker Samsung-Werk vor der Großbildleinwand in der Kantine. Der Rest der 4000 Mitarbeiter muss arbeiten. Frau Park Mija zeigt ihren neuen goldenen Ring: Ihr Bruder hat ihn ihr aus Bursan per Eilpost zusammen mit koreanischen Rote-Teufel-T-Shirts geschickt. So wie Koreas Torschütze Ahn will jetzt auch Frau Park ihren Ring küssen, sobald ein Tor fällt. Kim Chong-Hyun aus der Innovationsabteilung findet die Idee toll, das Spiel zusammen mit den Deutschen anzusehen. Er tippt auf einen knappen Sieg für Korea, vielleicht ein 2:1. Doch ganz so sicher ist sich der Hobbyfußballer, der in einer koreanischen Freizeittruppe im Weddinger Schillerpark kickt, nicht. „Die letzten Spiele waren für die Koreaner sehr kräftezehrend. Außerdem konnten sie sich nur drei Tage erholen.“ Nach dem Schlusspfiff fließt Sekt, die Koreaner prosten ihren deutschen Kollegen zu. Samsung-Präsident Park Tae-Sik gratuliert: „Ich hoffe, dass die Deutschen auch das Finale gewinnen.“

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