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Auf Kehrwoche: Die Reinigung des Tores ist ein Traumjob für Mario Padlowski, den Mann mit dem Hochdruckreiniger.

© Stefan Jacobs

Mit Hochdruck bei der Arbeit: Mario Padlowski bringt das Brandenburger Tor auf Hochglanz

Zu Berlins berühmtestem Wahrzeichen hat Mario Padlowski eine ganz besondere Beziehung. Er putzt es regelmäßig mit großer Begeisterung – und er heiratete zu seinen Füßen. Momentan dürfte er der meistfotografierte Berliner sein.

Mario Padlowski ist zurzeit der meistfotografierte Berliner. Wer in diesen Tagen ein Bild vom Brandenburger Tor macht, hat den 47-Jährigen drauf. Padlowski ist der Typ, der mit dem Hochdruckreiniger auf der Hebebühne steht. Zu seinen Füßen summen und brummen die üblichen Touristenscharen. Wenn – konservative Schätzung! – alle fünf Sekunden jemand das Tor fotografiert, ist Padlowski zum Feierabend auf knapp 6000 Bildern. Mit seiner Glatze und dem Ohrring sieht er ein bisschen wie Meister Proper aus. Das passt ganz gut, denn gemeinsam mit einem Kollegen reinigt Padlowski das Brandenburger Tor.

Padlowski hat auch schon den Reichstag geschrubbt

Padlowski und seine Kollegen haben sich auch schon den Reichstag vorgenommen und gerade erst das Paul-Löbe-Haus geschrubbt. Auch nicht übel, aber das Brandenburger Tor sei das Highlight, sagt der Mann aus Marzahn, der am 19. Juni 1988 Michael Jackson unerreichbar auf der anderen Seite singen hörte und am 10. November 1989 auf der Mauer saß und die Beine ostwärts baumeln ließ. „Wenn man sich überlegt, was hier seit 1791 schon alles los war – das ist doch Wahnsinn. Da macht die Arbeit doppelt Spaß.“ Bei der berüchtigten Silvesterparty 1989/90, bei der das Tor arg ramponiert wurde, sei er nicht dabei gewesen.

Mario Padlowski kam dem Tor erst 1992 wieder nahe. Als gelernter Schlosser hatte er sich beim DDR-Fernsehen um Diskotechnik gekümmert und nach der Wende bei einer Firma angeheuert, die Fassaden per Sandstrahl reinigt. „Aber das sollte man nur ein paar Jahre machen, wenn man älter werden will“, sagt er in Anspielung auf den Staub, der es trotz Filter bis in die Lunge schaffe.

Bei der Reinickendorfer Firma PSS Interservice wird dagegen mit Wasser geschrubbt. Fein zerstäubt schießt es aus dem Hochdruckreiniger – so ähnlich wie in der SB-Autowaschanlage, nur wärmer. Alle fünf Jahre sei die Grundreinigung des Tores dran, die inklusive der Seitengebäude drei Wochen dauere und den üblichen Straßendreck entferne. Braucht man für die Quadriga spezielle Qualifikationen wie ein Diplom als Pferdewirt oder Frauenversteher? Er sei nur für den Sandstein zuständig, sagt Padlowski. Von der glattflächigen Quadriga laufe der Dreck mit dem Regen herunter.

Der Zaubertrank, der Schmierer fernhält, heißt PSS20

Zwischen den Grundreinigungen wird alle zwei, drei Jahre der Graffitischutz erneuert. Der ist es, der der Firma die prominenten Aufträge sichert: PSS20 heißt der Zaubertrank, der Denkmalschützer glücklich macht und Schmierer fernhält. Die Schicht ist nur für Profis sichtbar und schont die Bausubstanz. Kein Lack, sondern ein Mix aus Polysacchariden, also laienhaft gesagt auf Zuckerbasis. „Ein Naturprodukt halt“, sagt Padlowski. „Hat auch eine E-Nummer, könnte man also essen.“ Macht man aber nicht, wie die Erfahrung gezeigt hat: Weder die zurzeit unvermeidlichen Nacktschnecken noch sonstiges Geziefer erklimmen die Bauten, um der süßen Versuchung nachzugeben.

Von dieser Hubbühne aus wird die Sandsteinfassade mit warmem Wasser gereinigt.
Von dieser Hubbühne aus wird die Sandsteinfassade mit warmem Wasser gereinigt.

© dpa

Und der Ärger mit Graffiti hält sich am Brandenburger Tor auch in Grenzen: Etwa zehnmal im Jahr werde er gerufen, weil beispielsweise jemand eine Nachricht wie „Ich war hier“ mit Edding hinterlassen habe. Mit einem Zisch ist alles weg. Apropos Zisch: Am Brandenburger Tor fängt Padlowski oft schon morgens um sechs an, weil es dann noch leer ist auf dem Pariser Platz. Je nach Wind geraten die Passanten während der Arbeiten nämlich leicht in den Sprühregen des Reinigers.

Für Padlowski ist das Brandenburger Tor nicht nur schön, sondern auch die Schnittstelle zwischen Beruf und Privatleben: Vor vier Jahren heiratete er an den sechs Füßen des Tors seine Frau. Das passte, weil sie aus Westfalen stammt und die Ehe damit auch ein Stück deutsche Einheit ist. Und der Termin am 27. Mai passte ebenfalls, weil Padlowski da Geburtstag hat. Das verringert die Gefahr, den Hochzeitstag zu vergessen. Und einen Blumenstrauß habe er an diesem Tag ja auch immer zur Hand, sagt Padlowski und lacht.

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