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Berlin: Mit Schmitt oder besser ohne Schmitt?

Stimmung in der CDU wendet sich gegen Ex-Chef

Gefühle sind wichtig in der aufgewühlten Berliner CDU. Aber sie erschweren die Listenaufstellung. Besonders deutlich artikulieren Mitglieder und Funktionäre dieser Tage ihren Unmut über die alte Führung. Den meisten Beifall bekamen bei der Regionalversammlung am vergangenen Mittwoch die Redner, die Ex-Landeschef Ingo Schmitt attackierten. Der Tenor: Schmitt solle nicht noch dafür mit einem guten Platz auf der Kandidatenliste für die Bundestagswahl 2009 belohnt werden, dass er das Image der Partei nachhaltig beschädigt habe. Fraktionschef Friedbert Pflüger habe sein Amt verloren. Doch Schmitt trage genauso viel Verantwortung für den Zustand der Partei – von ihm müsse man sich trennen.

Keiner weiß, wie groß der Groll auf Schmitt tatsächlich ist. Doch in seinem Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf ist der versierte Machtpolitiker ziemlich unangefochten. Das zeigte sich vor ein paar Wochen, als Schmitt mit großer Mehrheit und trotz der Bemühungen eines Gegenkandidaten als Wahlkreiskandidat nominiert wurde. Der designierte neue Landeschef Frank Henkel muss nun zwei Aufgaben gleichzeitig lösen, und zwar spätestens am 22. November, wenn die Wahlkreisdelegierten die Liste für die Bundestagswahl und für die Wahl zum Europaparlament wählen: Henkel muss die vagabundierenden Gefühle der Parteibasis gegen Schmitt und den Wunsch nach einem auch nach außen vorzeigbaren Neuanfang bei der Aufstellung der Liste berücksichtigen. Das bedeutet: Wenn Henkel auf großen Abstand von der Ära Schmitt/Pflüger gehen will, muss er erreichen, dass Schmitt auf einen hinteren Listenplatz (Rang sieben oder danach) gewählt wird. Das wäre ein für Berliner CDU-Verhältnisse sensationeller Start aus der Krise – als würde eine Concorde von Tempelhof abheben.

Henkel muss aber auch bedenken, dass Schmitt mit seinem starken Kreisverband einer der wichtigsten Bündnispartner unter den Kreischefs ist; Charlottenburg-Wilmersdorf rangiert mitglieder- und delegiertenmäßig gleich hinter der Südwest-CDU. Wer Absprachen über die Liste treffen will, kommt um Schmitt kaum herum, ob er nun aus Reinickendorf, Spandau oder einem anderen Kreisverband stammt. Derzeit wird in der Partei gern die Bemerkung zitiert, es gebe auch „den Tag danach“ – also nach dem 22. November. Schmitt wird dann immer noch mächtiger Kreischef mit Freunden über Charlottenburg-Wilmersdorf hinaus sein – aber einer, der womöglich denkt, er habe nichts mehr zu verlieren und als solcher gefährlich für Henkel und seinen neuen Vorstand.

Der designierte Landeschef soll dieser Tage sehr viel telefonieren, heißt es. Noch steht die Landesliste nicht geschrieben. Werner van Bebber

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