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SONNTAGS um zehn: Mit Weihrauch für mehr Gottvertrauen In der Zwölf-Apostel-Kirche feiert die Rogate-Initiative einen Festgottesdienst

Franz Maria Schwarz liebt das hochkirchliche Amt: Immer wieder schwenkt er in der evangelischen Zwölf-Apostel-Kirche in Schöneberg das Weihrauchfass, bei den Einsetzungsworten des Abendmahls verbeugt er sich tief vor dem Altar. Pater Franz, wie die Brüder aus dem ökumenischen Kloster St.

Franz Maria Schwarz liebt das hochkirchliche Amt: Immer wieder schwenkt er in der evangelischen Zwölf-Apostel-Kirche in Schöneberg das Weihrauchfass, bei den Einsetzungsworten des Abendmahls verbeugt er sich tief vor dem Altar. Pater Franz, wie die Brüder aus dem ökumenischen Kloster St. Wigberti im Thüringer Werningshausen ihren Vorsteher nennen, ist Lutheraner. Nach Berlin ist er gekommen, um zusammen mit der vor einem knappen Jahr gegründeten, sogenannten Ökumenischen Rogate-Initiative einen Festgottesdienst zu feiern.

Der Grund: Vor wenigen Wochen erst hat das Amtsgericht Charlottenburg die Rogate-Initiative als eingetragenen Verein registriert. „Wir wollen hier im Viertel neue Formen des Gottesdienstes ausprobieren“, sagt der Geschäftsführer des Vereins, Miguel-Pascal Schaar. „Aber das kirchliche Leben auch verzahnen mit denen, die nicht in die Kirche gehen.“ Er erzählt von den Prostituierten in der nahen Kurfürstenstraße, die immer wieder auch in die Kirche kämen. Ziel der Initiative sei es, Bewegung in die ökumenische Andachtsarbeit zu bringen, soziale Projekte im Kiez zu initiieren und übergemeindlich-überkonfessionell zusammenzuarbeiten.

Dass der Festgottesdienst ausgerechnet auf den Sonntag Rogate fällt, sei ein schöner Zufall, findet Schaar. „Rogate“, erklärt der Theologe, „ist der Betsonntag“. Im Mittelpunkt stünden das Beten und das Verhältnis zu Gott. Fragen, die Pater Franz Maria Schwarz in seiner Predigt aufgreift. Der Mönch, der sich der benediktinischen Lebensform „Ora et Labora“ (Bete und Arbeite) verpflichtet hat, holt vor den etwa 50 Gemeindemitgliedern zu einem Rundumschlag aus: Er kritisiert Glaubensarmut und mangelndes Gottvertrauen. Gleichzeitig geißelt er die „Leistungsgesellschaft, die das Beten verlernt hat“. Das Gift gegen den Glauben sei die Selbstverständlichkeit. Dem setzt der Pater die Bitte entgegen: „Herr, lehre uns beten!“

Ritual und Liturgie haben einen hohen Stellenwert in diesem Gottesdienst. Schon beim Einzug erhebt sich die Gemeinde. Bei der Evangeliumslesung steht Schaar mit dem Weihrauchfass neben dem Lesepult. Die Prostituierten vor der Kirche und das Leben im Kiez kommen in dem Festgottesdienst allerdings so gut wie nicht vor. Barbara Schneider

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