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Berlin: Mit Zorn und Eifer

Fraktionschefs und Unternehmer diskutieren bei der IHK über den Flughafen Tempelhof

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Am Ende lobte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder die Tempelhofgegner auf dem Podium. „Es ist ja nie leicht, gegen die Stimmung in einem Saal anzureden“. Und die Stimmung im Ludwig-Erhard-Haus war gestern früh eindeutig. 109 geladene Unternehmer waren für den Weiterbetrieb des City-Airports, zehn stimmten dagegen. Ein Testlauf für den Volksentscheid beim Frühstücksbuffet der Industrie- und Handelskammer, mit gläserner Miniurne und Stimmzettelchen: Ein grünes Ja für Tempelhof oder ein rotes Nein war anzukreuzen.

Gegen diese Farbenlehre hätte die Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig eigentlich intervenieren müssen, die mit den Kollegen der anderen Abgeordnetenhausfraktionen auf dem Podium saß und energisch für die Schließung Tempelhofs stritt. „Ziemlich bekloppt“ fand sie Martin Lindners Vision einer verwahrlosten Stadtbrache („Hasenheide XXL“). Der FDP-Fraktionschef wetterte lustvoll zurück – gegen die „rot-rot-grüne Kampfgemeinschaft“, die die Weisheit mit Löffeln gefressen habe. Das entlockte der versammelten Berliner Wirtschaftskraft, die schon um 7.30 Uhr in die Charlottenburger Fasanenstraße gekommen waren, kräftige Bravo-Rufe.

Die Argumente von Michael Müller (SPD), Carola Bluhm (Linke) und Eichstädt-Bohlig wurden mit Kopfschütteln, Hüsteln oder Gelächter bedacht. „Also ich verstehe das hämische Lachen nicht“, protestierte der SPD-Chef Müller. Er könne nicht begreifen, warum Teile der Berliner Wirtschaft das wichtigste Projekt der Region, den Großflughafen in Schönefeld, gefährden oder verzögern wollten. Nein, der Senat werde bei Bau von BBI nicht das geringste Risiko eingehen, „nur um Herrn Pflüger einen Gefallen zu tun“.

Derweil schaute der CDU-Mann breit lächelnd in die Runde, nickend hier, grüßend da. Für Friedbert Pflüger war der Auftritt bei der IHK ein Heimspiel. „Das Volk wird vom Senat auf den Arm genommen“, sagte er. Und: „Wer Reiche aus der Stadt fern hält, macht die Stadt ärmer.“ Der Vorwurf der Linksfraktion-Chefin Bluhm, es sei doch eine merkwürdige Haltung der Tempelhof-Freunde, zu Lasten Schönefelds notfalls „zu klagen, bis der Arzt kommt“, wurde dagegen mit lautem Murren quittiert.

Verkehrsprognosen, Gerichtsurteile, Stadtentwicklung, finanzielle Lasten und die Bedeutung plebiszitärer Demokratie – alle Argumente zu Tempelhof wurden erneut durchgekaut, so wie das Bircher Müsli am Buffet. Die Unternehmer im Saal durften Fragen stellen. „Fragen! Ganz kurz“, bat Eder. Fast alle schafften nur Meinungsbeiträge, die freundlich abgewürgt wurden. „Ohne Zorn und Eifer“ hatte sich der frühere Abendschau-Moderator Friedrich Moll als Eröffnungsredner die Debatte gewünscht. Aber das sei wohl beim Thema Tempelhof schwierig, ahnte er. Ulrich Zawatka-Gerlach

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