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Berlin: Mitte: Kassandra auf der Baustelle

Mit etwas Fantasie können auch die staubigen Stufen eines Baugerüstes zur Freitreppe eines edlen Palastes werden. Ein Kronleuchter an der rohen Decke, ein Teppich auf dem nackten Beton - und die Dauerbaustelle im Innern des maroden Neuen Museums gibt die Kulisse für eine klassische Tragödie.

Mit etwas Fantasie können auch die staubigen Stufen eines Baugerüstes zur Freitreppe eines edlen Palastes werden. Ein Kronleuchter an der rohen Decke, ein Teppich auf dem nackten Beton - und die Dauerbaustelle im Innern des maroden Neuen Museums gibt die Kulisse für eine klassische Tragödie. Heute Abend hat in dem kriegsbeschädigten Bau auf der Museumsinsel die dritte Inszenierung des Theaterfestivals "Götterleuchten" Premiere: "Tod aus Liebe - Mythos Eros". In vier zusammenhängenden Inszenierungen erzählen fünf Regisseure die Geschichten von vier mythologischen Frauengestalten. Sie führen die Zuschauer im Laufe von drei Stunden durch halbverfallene Räume und Gewölbe des seit 1986 renovierten Museums, die der Öffentlichkeit ansonsten verschlossen bleiben.

Vier Frauen, die aus Liebe den Tod fanden, erwachen in dem Gemäuer wieder zum Leben: Phädra, Lucretia, Alkestis, Kassandra. Die Regisseure - Studenten der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch", wie die meisten der insgesamt 40 Mitwirkenden - haben dafür klassische Texte wie von Euripides und moderne Annäherungen wie von Christa Wolf benutzt. "Dann sind wir mit diesen Stücken im Kopf durch das Museum gelaufen und haben geguckt, wo und wie man den Stoff hier realisieren kann", erzählt Manfred Karge, Chef des Regie-Instituts der Hochschule und künstlerischer Leiter des Projekts. Der Einfluss der Baustellenatmosphäre im Neuen Museum auf die Inszenierung wird in jeder Szene deutlich. So ist die Seherin Kassandra gefangen in einem großen Käfig aus stählernen Bauzäunen.

"Die Räume mit ihrer besonderen Atmosphäre haben unsere Inszenierungen geprägt und vorangebracht", sagt Regisseur Eike Hannemann (25). Sein Kollege Christian Vilmar (26) berichtet von der Herausforderung, statt auf der gewohnten Probebühne plötzlich in einem 30 Meter hohen Saal voller Baumaterialen zu inszenieren, in dem später einmal das Treppenhaus des Museums wiedererstehen soll. Und Regisseurin Anna Bergmann (23) erzählt von einer überraschenden Begegnung: "Während der Proben flogen plötzlich Tauben und Fledermäuse durch die Luft - das ist schon irre." lvt

\"Tod aus Liebe - Mythos Eros\"[Bodes], Neues Museum[Bodes]

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