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Berlin: Mitten in der Krise verkauft Berlin seine Immobilien Finanzsenator Sarrazin will durch den Verkauf Risiken und Altlasten der Bankenaffäre entsorgen

Finanzsenator Thilo Sarrazin liebt die Extreme. Mitten in der internationalen Finanzkrise, die in Berlin die Nachfrage nach Objekten einbrechen lässt, will er Immobilien verkaufen, die zum größten Teil landeseigener Besitz sind und die vor Jahren für über neun Milliarden Euro gekauft wurden.

Finanzsenator Thilo Sarrazin liebt die Extreme. Mitten in der internationalen Finanzkrise, die in Berlin die Nachfrage nach Objekten einbrechen lässt, will er Immobilien verkaufen, die zum größten Teil landeseigener Besitz sind und die vor Jahren für über neun Milliarden Euro gekauft wurden. „Das ist ein bisschen paradox“, sagte Sarrazin. Mit der Finanzkrise habe der Verkauf nichts zu tun. Außerdem bestehe die Möglichkeit, dass sich die Finanzkrise bis zur Ausschreibung im Frühjahr 2009 beruhige. Zudem könne man das Verfahren jederzeit stoppen.

Zum Verkauf steht die „Berliner Immobilien Holding“ und ihre Objekte. Es sind Restbestände aus Fondsgeschäften der im Jahr 2001 in die Krise geratenen Bankgesellschaft Berlin. Das landeseigene Institut musste zerschlagen werden, die Töchter Landesbank, Berlin-Hyp und Berliner Bank wurden verkauft. Übrig blieben Immobilien und Fonds, die mit Staatsgarantien im Wert von rund 21,6 Milliarden Euro abgeschirmt wurden.

Doch wie hoch kann ein Kaufpreis für 595 Immobilien sein in einer Zeit, wo die Banken sich gegenseitig nicht mehr trauen und Investoren Kredite verweigern? „Ich will nicht den billigen Jacob machen, aber Investoren auch nicht entmutigen“, so Sarrazin. Ein „dreistelliger Millionenbetrag sollte übrig bleiben zur Entschuldung des Landeshaushaltes“.

Das wäre für den Erwerb der BIH und ihren 41 000 Mieteinheiten ein Schnäppchenpreis. Denn die BIH kassiert Mieteinnahmen in Höhe von rund 400 Millionen Euro im Jahr. Würden diese Objekte für eine Milliarde Euro verkauft, entspräche das einer Kapitalverzinsung in Höhe von 40 Prozent für den Käufer.

Sarrazin ist zuversichtlich: „Kapital gibt es genug“, sagt er. Trotz Finanzkrise. Die Anleger verlangten aber sichere Anlagen. Deshalb sei die Nachfrage nach Staatsanleihen so groß. Im Fall der BIH hätten sie es mit „handfesten Immobilien zu tun, die man physisch anfassen kann und über die alle Daten vorliegen“, sagt Sarrazin. Ein vertraulicher Datenraum mit allen Details, darunter Größe, Umfang, Mieten ist bereits eingerichtet.

Durch den Verkauf will Sarrazin einen „klaren Schnitt“ machen und alle Risiken und Altlasten aus der Berliner Bankenaffäre losschlagen. Noch sind viele der BIH-Objekte in Fonds, an denen auch Kleinanleger beteiligt sind. In den vergangenen Jahren waren viele Beteiligungen zurückgekauft worden. Sarrazin zufolge besitzt das Land bereits 60 bis 90 Prozent aller Anteile und kann mit den Immobilien der Fonds schalten und walten.

Doch das bestreitet die Opposition und rechnet die Verluste aus der Bankenaffäre zusammen. Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen sagt, das Land habe bereits 2,6 Milliarden Euro für Verluste aus der Risikoabschirmung ausgegeben. Jeder Euro, den der Kaufpreis unter dieser Summe liege, sei deshalb für den Haushalt ein Verlust.

Die FDP befürchtet Folgen der Finanzkrise für die Leasinggeschäfte des Landes. In Berlin gebe es so genannte Sale-and-lease-back-Verträge über 511 Straßenbahnen und 647 Wagen der U-Bahn. Einer Sprecherin von Sarrazin zufolge gibt es daraus aber „kein realistisches Risiko“ für das Land.

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