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Berlin: Mobbing? Polizistin nahm sich das Leben

Kriminalhauptkommissarin fühlte sich drangsaliert und hatte sich mehrfach öffentlich dazu geäußert

Eine der bekanntesten Polizistinnen der Stadt, Bianca Müller, hat sich im Alter von 50 Jahren das Leben genommen. In ihrem Abschiedsbrief erhebt die Kriminal hauptkommissarin Mobbing-Vorwürfe gegen Mitarbeiter und gegen die Polizeiführung. Bianca Müller war als Mann aufgewachsen. Sie war mit äußerlichen männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen geboren worden – Intersexualität genannt. Erst nach mehreren Operationen fühlte sie sich als Frau – und wurde fortan nach ihren Angaben häufig gemobbt.

Eine Durchsicht habe ergeben, teilte die Polizei mit, dass die zahlreichen Vorwürfe allesamt der Behördenleitung und der Konfliktkommission bereits bekannt gewesen seien. Bianca Müller habe seit über zehn Jahren immer wieder vorgetragen, dass die Nichterfüllung ihrer Karrierewünsche auf Mobbing und Kesseltreiben gegen sie vor dem Hintergrund ihrer Geschlechtsanpassung zurückzuführen sei.

Als sie nach der Operation 1993 ihren Dienst wieder aufnehmen wollte, sei ihr mitgeteilt worden, dass man es „den Kollegen nicht zumuten kann, sich von so etwas wie ihr führen zu lassen“, hatte Müller hinterher berichtet. Sie, die als Mann Karriere bei der Polizei gemacht hatte, musste die Dienststelle wechseln und sich unflätige Bemerkungen der Kollegen anhören. Mehr als 50 Ordner hatte sie darüber angelegt.

Müller trat als Betroffene mehrfach als Mobbing-Expertin öffentlich auf – auch vor Polizeiakademien. Die stellvertretende Schichtleiterin in der Polizeidirektion 2, die für die Sofortbearbeitung zuständig war, war auch durch ihre Tätigkeit im „Verein Kritischer Polizisten e.V.“ sowie durch Fernseh- und Zeitungsinterviews über ihre Geschlechtsanpassung außerhalb der Behörde bekannt geworden.

Die ersten Ermittlungen deuten nach Angaben der Polizei auf eine Selbsttötung mit Tabletten hin. Der Tod dürfte schon vor drei oder vier Tagen eingetreten sein. Hinweise auf ein Fremdverschulden gebe es nicht. Müller sollte am Donnerstagabend nach einer zweiwöchigen Krankschreibung wieder zum Dienst kommen. Da sie aber nicht erschien und auch telefonisch nicht zu erreichen war, fuhr ihr Vorgesetzter zur Wohnung und ließ die Tür von der Feuerwehr öffnen.

Die Polizei konnte gestern nicht sagen, wie viele der Beschwerden von Müller berechtigt waren und wie häufig die Konfliktkommission zu Gunsten von Müller eingegriffen hat. Dafür fand die Polizei aber schnell eine Erklärung zum Verhalten von Müller: „Es entstand zunehmend der Eindruck, dass es Bianca Müller immer schwerer fiel, in dieser Problematik ihre Gefühlswelt von der Realität zu trennen“, heißt es in einer Mitteilung.

Schon mehrere Polizistinnen aus verschiedenen Bundesländern haben sich in den vergangenen Jahren das Leben genommen. Darunter war auch eine Beamtin aus Berlin. Das Motiv: Mobbing.

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