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Berlin: Müll-Monopoly mit ungewissem Ausgang

Berliner Hausabfall darf ab 2005 nicht mehr unbehandelt deponiert werden. Ende März entscheidet sich, wer den lukrativen Auftrag bekommt

Von Sabine Beikler

Es geht um Müll und um viel Geld. Um sehr viel Geld sogar: Wer künftig gemeinsam mit der landeseigenen Berliner Stadtreinigung BSR den Hausmüll entsorgen darf, könnte schätzungsweise 46 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erzielen. Der Countdown läuft: Für Ende März hat die BSR die Entscheidung angekündigt, wer den Zuschlag erhält. Im Wettbewerb sind nach Informationen des Tagesspiegel fünf Unternehmen: Onyx, Alba, Rethmann, Nehlsen und Eon. Es wird in diesem Poker um Geld und Marktposition mit harten Bandagen gekämpft. Das geht bis hin zu gezielten Verleumdungen einzelner Unternehmen durch anonyme Schreiben.

Hintergrund dieses Berliner Müll-Monopolys ist die veränderte Rechtslage. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes darf ab dem 1. Juni 2005 kein Abfall mehr unbehandelt auf Deponien gelagert werden. Bislang werden jährlich 460 000 Tonnen, das ist rund die Hälfte des Berliner Restabfalls, noch unbehandelt auf Brandenburger Deponien gefahren. Abgeordnetenhaus und Senat haben im März 2003 deshalb weitreichende Änderungen des Berliner Abfallkonzeptes verabschiedet.

Laut BSR-Prognosen werden die Berliner im nächsten Jahr über 980 000 Tonnen Hausmüll produzieren. Rund 520 000 Tonnen kommen in die Müllverbrennungsanlage (MVA) Ruhleben. Was passiert aber mit den restlichen 460 000 Tonnen? Das Parlament hat sich bereits gegen einen Ausbau der MVA Ruhleben ausgesprochen. Wie die verbleibende Menge Siedlungsabfälle verwertet wird, ist Gegenstand der laufenden Ausschreibung. Dabei gibt es Vorgaben: Die Behandlung und Entsorgung von Restabfall soll möglichst nach ökologischen Gesichtspunkten erfolgen, das heißt Wiederverwertung oder Entsorgung – Verbrennung ist auch erlaubt – mit hohem Energienutzungsgrad. Und das Verfahren muss „wirtschaftlich darstellbar“ sein, also keine Kostenexplosionen und möglichst nur geringfügige Gebührenerhöhungen nach sich ziehen.

Die BSR hat die 460 000 Jahrestonnen Rohmüll gestaffelt ausgeschrieben: Für die Hälfte des Abfalls sucht die Stadtreinigung einen Partner im Rahmen einer Public-Private-Partnership (PPP). Die andere Hälfte will die BSR in zwei Teillosen an private Dienstleister zur Entsorgung vergeben. Seit April vergangenen Jahres läuft diese Ausschreibung. Um das Vergabeverfahren nicht zu gefährden, gibt die BSR über Anbieter und deren Verfahren zurzeit keinerlei Auskünfte. Nach Informationen des Tagesspiegels haben sich Unternehmen mit folgenden Verfahren beworben:

Die Berliner Alba AG bewirbt sich mit einer Abfallbehandlungsanlage zur Herstellung von Ersatzbrennstoffen auf mechanisch-physikalischer Grundlage

Das Bremer Unternehmen Nehlsen geht ebenfalls mit einer Abfallbehandlungsanlage, allerdings nach einem mechanisch-biologischen Prinzip, ins Rennen.

Die Rethmann Entsorgungs AG & Co. hat sich mit der Verbrennung von Hausmüll beworben.

Der EON-Konzern bewirbt sich ebenfalls mit einer Müllverbrennungsanlage.

Auch Onyx, eine Tochterfirma der Veolia GmbH, ehemals Vivendi, hat sich mit einem Müllverbrennungskonzept beworben.

Bis Mitte März können die Bewerber ihre Angebote einreichen. Dann hat das Vergabebüro zwei Wochen Zeit, die Offerten auszuwerten. Es geht um ein großes Geschäft: Wer jetzt den Fuß in die Tür bekommt, hat große Chancen, auch in zehn Jahren im Berliner Entsorgungsgeschäft an vorderster Stelle mitzumischen. Denn: 2015 fällt endgültig das BSR-Monopol für die Hausmüllentsorgung.

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