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Berlin: Müller da oben, SPD-Basis hier unten Was die Kritiker an ihrem Parteichef stört

Der Kampf um die Macht in der SPD hat begonnen – und obwohl mindestens ein Kontrahent sich noch ziert, ist klar, dass er hart werden wird. Quer durch die Parteiflügel hat sich eine Allianz von Kritikern des seit 2004 amtierenden Parteichefs Michael Müller gebildet, der, wie berichtet, im Juni zur Wiederwahl antreten will.

Der Kampf um die Macht in der SPD hat begonnen – und obwohl mindestens ein Kontrahent sich noch ziert, ist klar, dass er hart werden wird. Quer durch die Parteiflügel hat sich eine Allianz von Kritikern des seit 2004 amtierenden Parteichefs Michael Müller gebildet, der, wie berichtet, im Juni zur Wiederwahl antreten will. Als wahrscheinlicher Gegenkandidat gilt der Parteilinke Jan Stöß. Die Mehrheitsverhältnisse sind noch offen, weil mehrere Kreisverbände ihre Delegierten für den Parteitag noch nicht bestimmt haben. Doch die Stimmung in mehreren Verbänden lässt vermuten, dass Müller es schwer haben dürfte.

Der Reinickendorfer Kreisvorsitzende Jörg Stroedter spricht aus, was auch andere sagen, die damit nicht namentlich in der Zeitung stehen möchten: Müller rede zu wenig mit den Kreisvorsitzenden, sondern „hat sich immer nur mit ein paar Vertrauten umgeben. Wer da nicht dazugehört, war draußen“. Ein anderer einflussreicher Sozialdemokrat hatte dasselbe Phänomen als „Unzufriedenheit über das Küchenkabinett aus drei, vier Männern“ beschrieben, das die wesentlichen Entscheidungen ohne die Parteibasis treffe. Gemeint sind neben Müller Regierungschef Klaus Wowereit sowie Senatskanzleichef Björn Böhning und Christian Gaebler, der den größten SPD-Kreisverband anführt und unter Stadtentwicklungssenator Müller Staatssekretär geworden ist.

Gaebler sieht die Kritik des Wirtschaftspolitikers Stroedter eher als Ausdruck von dessen persönlicher Enttäuschung. So sei er Teil einer Allianz von linken und rechten SPDlern geworden, „die vor sechs Monaten noch intensiv gegeneinander gearbeitet haben“. Dem Bündnis der Kritiker „fehlt die inhaltliche Klammer“. Es gehe weniger um inhaltlichen Dissens als um den fragwürdigen Ehrgeiz, Müllers Wiederwahl zu verhindern. Der Ausweg müsse sein, „sich im Landesvorstand breiter aufzustellen“. Darüber müsse geredet werden.

Ein anderer Sozialdemokrat sieht „weniger einen Konflikt zwischen rechts und links als zwischen oben und unten“. Auch für Stroedter beweist die bunte Mischung von Müllers Widersachern, dass der SPD kein Linksruck drohe. Da das bürgerliche Wählerpotenzial in Berlin nur etwa 25 Prozent ausmache, müsse allerdings gerade die Wählerschaft links der Mitte stärker angesprochen werden, damit sie nicht dauerhaft zu Grünen, Linken, Piraten oder Nichtwählern abwandert. Die kürzlich gegründete Arbeitsgruppe „Daseinsvorsorge“ könne diese Wähler erreichen, indem sie beispielsweise die Lehre aus dem unterschätzten Wasser-Volksbegehren ziehe und die Initiative zur Rekommunalisierung der S-Bahn ernst nehme. Müller sei als Senator zu sehr in die Regierungsdisziplin eingebunden, um die SPD in solchen Fragen deutlich profilieren zu können. Im schlimmsten Fall ende die SPD als Juniorpartner der CDU.

Der als Gegenkandidat gehandelte Stöß ist zumindest sicher, dass die SPD sich nicht wie die Grünen in Flügelkämpfen verlieren wird: „Wir reiben uns nicht an Personalfragen auf“, sagt er auf Nachfrage. Die Frage, ob er gegen Müller antreten wird, lässt er offen. Stefan Jacobs

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