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Prof. Bernhard Weisser, Direktor des Münzkabinetts, im Tresorraum der Sammlung, mit Münzen der antiken Stadt Lampsakos.

© Benjamin Lassiwe

Münzkabinett Berlin: Die Sammlung wird digitalisiert

540.000 Münzen und Medaillen aus allen Epochen der Weltgeschichte lagern in der Sammlung des Berliner Münzkabinetts. Jetzt wird die bedeutende Sammlung digitalisiert.

Von außen sind die Räume des Münzkabinetts auf der Berliner Museumsinsel unscheinbar. Ein versteckter Eingang, ein kleiner Saal, in dem Numismatiker ihre Studien betreiben können. Und ein Tresorraum, in dem 540.000 Münzen aus allen Epochen der Weltgeschichte lagern: Die Kollektion, deren Ursprünge bereits im 16. Jahrhundert liegen, ist die größte und wichtigste Münzsammlung Deutschlands und zählt zu den fünf weltweit führenden Einrichtungen dieser Art.

„Die ersten Münzen des Münzkabinetts wurden am preußischen Hof gesammelt“, sagt der Direktor des Münzkabinetts, Prof. Bernhard Weisser. Doch schon im 19. Jahrhundert hatte die Sammlung den ersten promovierten Numismatiker an ihrer Spitze. Und der Bestand des Münzkabinetts wurde kontinuierlich erweitert – bis hin zu den Euro-Münzen.

Viele Vorbesitzer bekannt

„Von den meisten Münzen kennen wir heute den Vorbesitzer“, sagt Weisser. Im Tresorraum der Sammlung zieht er eine Lade auf, in dem sich Münzen der antiken Stadt Lampsakos befinden. Unter einer Goldmünze lugt ein grauer Zettel hervor. „Imhoof-Blumer 1900“ steht darauf. „Das bedeutet, dass das Münzkabinett die Münze von dem Schweizer Numismatiker Friedrich Imhoof-Blumer aus Wintherthur im Jahr 1900 erworben hat“, sagt Weisser. Darunter findet sich ein weiterer, kleiner Zettel, auf dem noch Angaben zur Münze in der kleinen, zierlichen Handschrift des Schweizer Münzkundlers zu finden sind.

So ist das auch bei jenen 99 Münzen, die das Münzkabinett 1934 vom Finanzamt Moabit erworben hat. Sie stammen aus der Sammlung des Mathematikers und Pazifisten Emil Julius Gumbel, der 1932 das immer nationalsozialistischere Deutschland verlassen musste.

Bei einem Pressetermin zur Provenienzforschung von geraubtem Kulturgut im Brandenburger Landeshauptarchiv hatten die dortigen Forscher der Brandenburger Kulturministerin Manja Schüle (SPD) die Unterlagen des preußischen Oberfinanzpräsidenten zum Fall Gumbel als ein Beispiel dafür präsentiert, wie man mithilfe der Akten Raubkunst heute finden kann. „Vom Fall Gumbel wussten wir aber auch so“, sagt Weisser. „Wir haben unser Ankaufbuch, in dem wir klar nachvollziehen können, welche 99 Münzen das Münzkabinett 1934 vom Finanzamt Moabit gekauft hat – dort steht explizit: „aus dem Besitz eines Herrn Gumbel.“ 

540.000
Münzen und Medaillen lagern in der Sammlung.

Das ist wichtig, denn das Münzkabinett beschäftigt sich derzeit mit einem Jahrhundertprojekt: Man möchte die komplette Sammlung digitalisieren. Fotos und eine genaue Beschreibung aller 540.000 Münzen und Medaillen der Sammlung sollen nach und nach ins Netz gestellt werden – inklusive detaillierter Informationen zum jeweiligen Vorbesitzer und dem Erwerb der Münzen. 

Münzen der antiken Stadt Lampsakos.

© Benjamin Lassiwe

Schon heute kann man im Internet nach den bereits erfassten Münzen, ihren Merkmalen und ihrer Herkunft recherchieren. „Für die Numismatik ist die digitale Transformation eine große Chance“, sagt Weisser. „Es geht nicht nur um Bilder, sondern um qualitätvolle Daten, die auch andere gut nutzen können.“ Mit den vorhandenen Mitarbeitern schaffe man es derzeit, etwa 3000 Münzen pro Jahr online zu stellen. Das seien 3000 Stunden Arbeitszeit.

„Unser Ziel ist es, dass man zu jeder einzelnen Münze in unserem Bestand alle verfügbaren Daten online nachschlagen kann“, sagt Weisser. „Denn die Münzen müssen in ihren Kontext eingeordnet werden, wenn sie für die Forschung nutzbar sein sollen.“

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