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Körting

© dpa

Nach dem Krawall: Für die Opposition ist der 1. Mai noch nicht vorbei

In der Berliner Landespolitik gibt es nach dem 1. Mai eine Kontroverse über den Krawall und über Ehrhart Körtings Spruch. Der Druck auf den Innensenator zeigt Wirkung: Seinen Vergleich mit Vergewaltigern nimmt er zurück.

Die Eskalation der Gewalt während der sogenannten „revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ wird die Berliner Landespolitik noch eine Weile beschäftigen. So wird der polizeiliche und politische Umgang mit den Ausschreitungen am kommenden Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses diskutiert.

Nach der CDU warf am Sonntag auch die FDP Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und dem Senat vor, das Gewaltpotenzial unterschätzt zu haben. „Die Analyse des Senats, die Gewalt aus den Demonstrationszügen heraus als eher unwahrscheinlich einstufte, war offenbar fehlerhaft“, erklärte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Jotzo. Er wirft Senat und Polizei vor, „dass sie auf einen gewalttätigen Verlauf von Anfang an nicht vorbereitet waren“.

Die dritte Oppositionspartei stellte sich allerdings hinter den Innensenator: „Man muss Körting darin bestärken, bei seinem bisherigen Konzept zu bleiben“, sagte der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann dem Tagesspiegel. „Wer meint, Körtings Konzept sei gescheitert, der hat vergessen, wie es vor 2002 aussah“, sagte er mit Blick auf die damals noch gewalttätigeren Ausschreitungen.

Sehr kritisch sieht Ratzmann allerdings die Rolle, die ein Linken-Politiker bei der Randale spielte, der Lichtenberger BVV-Verordnete Kirill Jermak, der die linksautonome Demonstration angemeldet hatte, aus der heraus am Abend die Gewalt gegen Polizisten und Passanten eskaliert war. „Da ist eine klare Grenzziehung zu dem radikalen Spektrum angebracht“, sagte Ratzmann. Beim Koalitionspartner der Linken sieht man das Thema eher gelassen: Zwar seien Jermaks Verhalten und einige seiner Äußerungen gegen Polizisten „abwegig“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam. Aber mit Ausnahme einiger weniger Unterstützer stehe der Anmelder der Krawalldemo in der Linkspartei ziemlich alleine da. Eine Belastung für die Koalition sieht Sozialdemokrat Kleineidam deswegen nicht.

Mit Anwürfen ganz anderer Art sieht sich Innensenator Körting konfrontiert. Nach Kritik von mehreren Seiten nahm er am Sonntag umstrittene Äußerungen im Zusammenhang mit den Mai-Demonstrationen zurück. Er hatte bei einem Gespräch mit Journalisten Vergewaltiger und Randalierer in einem Atemzug genannt. „Der Vergleich ist schief. Ich möchte ihn so nicht aufrecht erhalten“, stellte der Politiker nach Angaben seiner Sprecherin am Sonntag klar. Dies sei jedoch nicht als Entschuldigung zu verstehen. Der Senator bleibe bei seiner „moralischen Verurteilung der Steinewerfer, die er mit dem Vergleich zum Ausdruck bringen wollte.“

Laut Zeitungsberichten soll Körting am Nachmittag des 1. Mai über das Verhalten enthemmter Randalierer, die Steine werfen und Autos anzünden, gesagt haben: „Das ist wie bei Sexualdelikten. Ist die Frau erst mal ausgezogen und vergewaltigt, dann fällt es anderen leichter, auch mitzumachen.“ Landes- und Bundespolitiker vor allem von CDU, CSU und FDP hatten die Wortwahl scharf kritisiert, von Körting eine Entschuldigung und sogar seinen Rücktritt gefordert.

In der rot-roten Berliner Regierungskoalition wird die Debatte um Körtings Äußerungen allerdings als „abstrus“ gesehen, wie SPD-Innenpolitiker Kleineidam sagt. Man könne zwar darüber streiten, ob der Vergleich und die Wortwahl angemessen seien. „Aber in der Sache hat Körting Recht, wenn er sagt, dass im Rahmen gruppendynamischer Prozesse Menschen Taten begehen, die sie sonst vielleicht nicht täten.“ Zur Forderung nach einer Entschuldigung Körtings fragt Kleineidam: „Bei wem soll er sich entschuldigen – bei den Autonomen?“

Grünen-Fraktionschef Ratzmann findet den Körting-Spruch „völlig daneben“, nahm die Äußerung des Senators aber auch mit einer Prise Humor zur Kenntnis: „Man hat den Eindruck, Körting bewirbt sich um die Nachfolge von Thilo Sarrazin.“ Der kürzlich aus seinem Amt verabschiedete langjährige Finanzsenator war wiederholt durch Sprüche aufgefallen, die als unsensibel und unangebracht wahrgenommen wurden.

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